Stellv. Fraktionsvorsitzender

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Alexander Graf Lambsdorff
Pressemitteilung

LAMBSDORFF-Interview: Wir brauchen einen Gesprächskanal, damit es nicht zu willkürlichen Maßnahmen kommt

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff gab dem „RBB Inforadio“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Martin Krebbers:

Frage: Ist Angela Merkel in Europa nur noch Nummer Zwei?

Lambsdorff: Ja, das muss man so sagen. Es ist Macron gelungen, eine Beziehung zu Trump aufzubauen, die deutlich enger und deutlich vertrauensvoller ist, als die der Bundeskanzlerin zum amerikanischen Präsidenten. Ob der Besuch heute daran etwas ändern wird, werden wir hinterher wissen, aber es sieht nicht danach aus.

Frage: Was hat Macron besser gemacht als Angela Merkel?

Lambsdorff: Ich glaube, er hat Trump verstanden, insofern als dass er ihn auf der emotionalen Ebene packt. Er hat ihn ja zu einem privaten Abendessen in den Eiffelturm mit den Ehefrauen eingeladen, er hat ihm die Militärparade zum Unabhängigkeitstag vorgeführt. Er nimmt ihn sozusagen von Mann zu Mann. Das kann man der Kanzlerin nicht vorwerfen, dass sie das nicht tut. Aber ich glaube, dass die faktenbasierte rationale Herangehensweise, für die die Kanzlerin bekannt ist, bei Trump eben nicht in der gleichen Weise verfängt wie das, was Macron angeboten hat.

Frage: Ist das ein Problem für Deutschland?

Lambsdorff: Das muss dann kein Problem sein, wenn die Abstimmung zwischen Berlin und Paris wirklich eng ist und man dieselben Botschaften in Washington platziert, was Handelspolitik und Außenpolitik angeht, was alle Herausforderungen unserer Zeit angeht. Aber es ist schon so, dass in der Vergangenheit Barack Obama immer erst in Berlin anrief, um zu fragen, was er tun soll, während jetzt Donald Trump eben in Paris anruft.

Frage: Eine Messlatte für Merkels Erfolg in Washington sind die Importzölle auf Aluminium und Stahl. Die Bundesregierung stellt sich bereits darauf ein, dass Trump zum 1. Mai diese Zölle erheben wird. Gibt es hier noch Hoffnung, dass Merkel was bewegen kann?

Lambsdorff: Nach allem was man hört, ist diese Hoffnung verschwindend gering. Und es zeigt sich einfach, dass diese willkürlichen Zölle, es sind ja keine Strafzölle, Europa hat ja nichts falsch gemacht, wofür es bestraft werden müsste, sondern dass diese Willkür-Zölle ein Abschied sind vom regelbasierten Handelssystem, das wir haben. Das klingt so abstrakt und das klingt so kompliziert, aber es bedeutet ganz konkret, dass sich Unternehmen, Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer, aber auch die Chefs in Unternehmen einfach darauf verlassen können müssen, dass sie ihre Produkte auf den Märkten der Welt absetzen können, ohne plötzlich riesige Strafzahlungen zu haben. Insofern ganz wichtig, egal ob die Zölle kommen oder nicht: Frau Merkel muss Donald Trump von den Vorteilen des regelbasierten Systems im Welthandel überzeugt. Es wäre natürlich gut gewesen, die Große Koalition hätte das Abkommen mit Kanada, CETA, jetzt schon ratifiziert. Das haben wir ja als FDP im Bundestag vorgeschlagen. Dann wäre sie deutlich glaubwürdiger an dieser Stelle. Ich hoffe, dass das so schnell wie möglich passiert, wenn sie wieder da ist.

Frage: Zweites Mega-Thema wird der Iran sein, das Atomabkommen, das Deutschland ja ganz maßgeblich mitverhandelt hat. Trump will es nicht. Was kann Merkel hier erreichen?

Lambsdorff: Da ist es ganz wichtig zu sagen, dass ein solches Abkommen eben nicht den Anspruch erfüllen kann, den Trump an das Abkommen stellt. Trump will ja, dass dieses Abkommen sozusagen das gesamte Nuklearprogramm, aber auch das gesamte Raketenprogramm erfasst. Die meisten Abrüstungsabkommen, die wir kennen, auch die alten noch damals zwischen Amerika und der Sowjetunion, haben sich immer gezielt auf eine Art von Bedrohung konzentriert. Und genau das haben wir hier beim Iran-Nuklearabkommen auch. Also ich glaube, dass das Beste wäre, man verhandelt nach. Man macht ein separates Gespräch darüber, was man mit dem iranischen in der Tat bedrohlichen Raketenprogramm tut, aber man schüttet jetzt hier nicht das Kind mit dem Bade aus in dem man sagt: „Wir haben nicht alles, also werfen wir das ganze Abkommen weg“.

Frage: Bei so geringen Erwartungen, Herr Graf Lambsdorff, wann würden Sie diesen Merkel- Besuch als Erfolg bezeichnen?

Lambsdorff: Es wäre dann ein Erfolg, wenn es eine Zusage gäbe, bei den Willkür-Zöllen noch einmal zu überlegen und die Frage des Nuklearabkommens offen zu halten. Ein richtig großer Erfolg wäre, wenn es gelänge, eine Art neuen Deal zwischen Europa und Amerika aufs Gleis zu setzen. Es ist sehr schade, dass wir keine Verhandlungen derzeit haben, TTIP ist ja im Tiefkühlfach. Mit den pazifischen Staaten hat Trump gerade wieder die Verhandlungen begonnen. Wir brauchen auch so einen Gesprächskanal, damit es eben nicht zu diesen willkürlichen Maßnahmen kommt, wie sie jetzt drohen.

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