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Michael Link
Pressemitteilung

LINK-Interview: Müssen uns auf alle Szenarien vorbereiten

Der Transatlantik-Koordinator der FDP-Fraktion Michael Link gab dem Tagesspiegel anlässlich des ersten TV-Duells zwischen den Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Joe Biden das folgende Interview. Die Fragen stellte Daniel Friedrich Sturm.

Frage: Herr Link, haben wir in der Nacht auf Freitag, während der TV-Debatte in den USA, das Ende der Präsidentschaft von Joe Biden erlebt? 

Link: Das weiß ich nicht. Jetzt kommen im Juli und im August erst einmal die beiden Parteitage von Republikanern und Demokraten und dann ein sehr langer Wahlkampf. In der Debatte haben wir Donald Trump als sehr angriffslustig erlebt. Er agiert wie stets mit Emotionen, Ängsten und Vorurteilen. Er machte seine Gegner und vor allem Präsident Joe Biden verächtlich, zeigte abermals sein sehr eigenes Verhältnis zur Wahrheit, so wie wir das während seiner letzten Präsidentschaft von 2017 bis 2021 erlebt haben. Trump legt sich Fakten beliebig zu Recht, arbeitet ständig mit frei erfundenen Behauptungen. Wer auf weniger Polarisierung gehofft hatte, muss gewarnt sein. Trump bleibt seinem Markenkern des rücksichtslosen Polarisierers treu.

Frage: Noch einmal zu Biden. Der US-Präsident wirkte in der Debatte mit Trump schwächlich, unkonzentriert, verwechselte Namen und Begriffe, zuweilen ging sein Blick ins Leere und er war nicht zu verstehen. Halten Sie es für möglich, dass die Demokraten Biden als Präsidentschaftskandidaten ersetzen werden?

Link: Ob die Demokraten wirklich mit Joe Biden in die Wahl im November gehen werden, müssen die Demokraten auf ihrem Parteitag Mitte August entscheiden. Darüber haben wir als deutsche Beobachter nicht zu richten. Aber Sie haben recht: Joe Biden hat viele Fakten undeutlich präsentiert, war zuweilen sprachlich schwer zu verstehen. Das ist schade, denn anders als Trump hat er viele wichtige Fakten präsentiert. Aber er hat seine Botschaften zu wenig rübergebracht.

Frage: Könnte Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom demokratischer Präsidentschaftskandidat werden?

Link: Ich kann und will nicht über Namen spekulieren. Beide Parteien müssen ihre Personalfragen selbst klären. Aber natürlich müssen die Demokraten überlegen, mit wem es am besten zu verhindern ist, dass Trump mit seiner gewohnten Methode – Behauptungen, Beleidigungen, Verdrehungen, glatte Lügen - erneut ins Amt kommt. Die Wahlen in den USA werden in der Mitte gewonnen. Die Demokraten brauchen eine Kandidatin oder einen Kandidaten, der in dieser Mitte gewinnen kann, ihnen Hoffnung und Visionen gibt und der die Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft überwinden kann.

Frage: Sie haben sich sehr kritisch zu Trump geäußert. Aber zeigte Trump in der Debatte nicht ungewöhnlich viel Disziplin?

Link: Wir müssen mit jedem Amtsinhaber zusammenarbeiten, auch mit Trump, denn die USA sind und bleiben unser wichtigster Verbündeter. Genau deshalb braucht es einen nüchtern-klaren Blick auf die Bewerber. Trump ist konsequent bei seinen Botschaften geblieben, hat seine Punkte einprägsam wiederholt. Aber welche Punkte waren das? Er hat immer wieder behauptet, die Amerikaner seien quasi Opfer einer Washingtoner Elite und er habe das Land 2021 seinem Nachfolger Biden in einem ausgezeichneten Zustand übergeben. Er hat also die Amerikaner als Opfer angesprochen und sich selbst als Retter inszeniert. Dieses Muster hat er ständig präsentiert, verbunden mit Unwahrheiten, etwa über die Handelspolitik mit den Europäern, die NATO, das Engagement der Europäer für die Ukraine oder seine absurden Behauptungen zu seiner Rolle als Klimaschützer.

Frage: Worauf müssen sich Deutschland und Europa bei einem Präsidenten Trump einstellen?

Link: Trumps Äußerungen in der Debatte sind für Deutschland und Europa waren beunruhigend. Er charakterisiert die NATO als eine Art Sicherheitsfirma, bei der wir zahlen und er uns nach Gusto beschützt. Seine außenpolitischen Äußerungen sind wirr und irritierend, etwa wenn er behauptet, er würde mit Putin den Ukraine-Krieg lösen, natürlich ohne dabei die Europäer zu erwähnen. In der Handelspolitik will er einzelne Deals mit einzelnen europäischen Staaten. Das darf sich die EU nicht bieten lassen. Das zeigt, dass Trump erneut versuchen wird, einzelne EU-Mitglieder gegeneinander auszuspielen, und die EU als Partner nicht zu akzeptieren. Aber anstatt jetzt zu jammern, müssen wir uns konsequent auf alle Szenarien vorbereiten. Und hier ist der Weckruf für den heutigen EU-Gipfel in Brüssel: Wichtiger als über Trump zu spekulieren, ist es jetzt doch, die EU wettbewerbsfähig und stark zu machen und den europäischen Pfeiler der NATO zu stärken. Nur so werden wir als Bündnispartner ernst genommen.

Frage: Wie bereitet sich die Bundesregierung auf einen möglichen Präsidenten Trump vor? Gibt es Kontakte zu Beratern und Mitarbeitern Trumps?

Link: Ja, natürlich. Wir sind mit beiden Parteien in gutem Kontakt, vor allem zu Abgeordneten beider Lager. Das gilt für die Bundesregierung insgesamt, aber auch für die deutschen Parteien, die Fraktionen und die politischen Stiftungen. Vor allem die deutsche Botschaft in Washington leistet da ganz wichtige Arbeit. Auch ich selbst werde zu beiden Parteitagen fahren und intensive Gespräche führen. Und kommende Woche empfangen wir wieder eine Delegation aus dem US-Kongress. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass wir über diese Kontakte nicht in allen Details öffentlich sprechen.

Frage: Noch einmal zur Debatte selbst: es gab kaum Nachfragen, keinen Faktencheck, die Mikrofone wurden oft ausgestellt, mit einer Ausnahme, während einer relativ albernen Passage über das Golfspielen. Wie haben Sie die Struktur der TV-Debatte insgesamt erlebt?

Link: Zur Golf-Passage: „No comment“, ein verschenkter Moment. Überhaupt enthielt diese Debatte zu viele verschenkte Gelegenheiten, bei der man hätte Trump stellen können und müssen. Er ist kritischen Fragen einfach ausgewichen, hat stattdessen Unwahrheiten verbreitet. Damit kam er viel zu leicht durch. Die Moderatoren, aber auch der Präsident, hätten da öfter einhaken können.

Frage: Trump hat Biden als kriminell bezeichnet, behauptet, er sei „ein Palästinenser“ und werde die USA in einen Dritten Weltkrieg führen. Biden diagnostizierte Trump die „Moral eines Straßenkaters“. Wie haben Sie diese persönlichen Attacken wahrgenommen?

Link: Auf einem Niveau, wo beide Bewerber den jeweils anderen als den „schlechtesten Präsidenten aller Zeiten“ attackieren, bleiben die Fakten auf der Strecke. Am Ende hilft das vor allem Trump. Die Art und Weise, wie Trump über Biden spricht und sein ganzes abfälliges Gebaren verdeutlichen, dass wir uns auf einen extrem hart geführten Präsidentschaftswahlkampf gefasst machen müssen.

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