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Stephan Thomae
Pressemitteilung

THOMAE-Interview: Wir haben die Wahl zwischen Pest und Cholera

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae gab der „Saarbrücker Zeitung“ (Mittwochsausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Stefan Vetter:

Frage: Herr Thomae, die Türkei hat offenbar ohne Vorwarnung gehandelt. Fühlen Sie sich überrumpelt?

Thomae: Erstaunlich ist der jetzige Zeitpunkt schon. Nach ihrer militärischen Offensive im Norden Syriens hat die Türkei eine ganze Reihe von gefangenen IS-Kämpfern übernommen. Man geht von 287 Personen aus, darunter auch einige Deutsche. Angesichts dieses Vorlaufs musste man eigentlich mit solchen Abschiebungen rechnen. Die Bundesregierung hat dazu aber nie eine klare Haltung gehabt und den Kopf in den Sand gesteckt. Deshalb trifft uns das jetzt eher unvorbereitet.

Frage: Muss Deutschland diese Menschen aufnehmen?

Thomae: Ja. Soweit es sich um deutsche Staatsbürger handelt, ist Deutschland dazu international verpflichtet. Wir erwarten ja auch von anderen Ländern, dass sie ihre Staatsbürger, die in Deutschland Straftaten begehen, wieder zurücknehmen.

Frage: Wie soll Deutschland mit den Abgeschobenen umgehen?

Thomae: Soweit es sich um verurteilte Straftäter handelt, und in der Türkei gibt es Deutsche, die dort zu langen Haftstrafen verurteilt worden sind, kann die Strafe auch bei uns vollzogen werden. Wenn die Verdächtigen noch nicht abgeurteilt sind, dann kommt es darauf an, alle Sachverhalte zu erfahren, damit das in Deutschland erfolgen kann. Denkbar ist auch, dass in der Türkei noch ein Strafverfahren läuft und man dann vereinbart, dass das Verfahren dort noch beendet und die Strafe anschließend in Deutschland angetreten wird.

Frage: Mutmaßliche IS-Kämpfer sind ein Sicherheitsrisiko. Besonders dann, wenn die Beweislage zu dünn ist und sie freikommen. Was dann?

Thomae: Kein Zweifel, niemand wird begeistert sein, IS-Kämpfer oder deren Frauen und Kinder bei uns wieder aufzunehmen. Wir haben aber nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Pest ist, diese Menschen nach Deutschland zurückzubringen, ihnen den Prozess zu machen und hoffentlich verurteilen zu können. Cholera bedeutet, wir lassen diese Menschen draußen, wissen aber nicht, was mit ihnen in den nächsten Jahren passiert. Da ist es doch besser, man kann diese Leute hier beobachten, als dass sie unbemerkt nach Deutschland einreisen und untertauchen.

Frage: Was erwarten Sie von der Koalition?

Thomae: Dass sie den diplomatischen Kontakt mit der Türkei sucht, um jeden einzelnen Fall zu prüfen und dann entscheiden zu können, wie damit weiter verfahren wird. Die Türkei ist zwar ein schwieriger Partner, aber auch Ankara muss daran interessiert sein, dass die Frage der deutschen IS-Kämpfer nicht zu einer nachhaltigen Belastung der Beziehungen zu Deutschland führt.

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