LINDNER-Interview: Das Bundesverfassungsgericht muss dieses Gesetz stoppen
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner gab dem „Donaukurier“ (Freitagsausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Andreas Herholz:
Frage: Herr Lindner, der Solidaritätszuschlag wird für 90 Prozent der Zahler gestrichen. Was spricht für die komplette Abschaffung?
Lindner: Der Soli wird nur zur Hälfte abgebaut. Diejenigen, die die Hälfte des Aufkommens leisten, werden ausgenommen. Dabei handelt es sich nicht in erster Linie um Bundesligaprofis und Manager, sondern um den Mittelstand wie Handwerksbetriebe, die dringend eine Entlastung brauchen. Der vollständige Soli-Abbau wäre ökonomisch klug und ist verfassungsrechtlich geboten.
Frage: Die FDP will vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Warum sollte es das Gesetz stoppen?
Lindner: Das Bundesverfassungsgericht muss dieses verfassungswidrige Gesetz stoppen. Der Solidaritätszuschlag ist eine befristete Ergänzungsabgabe und muss entfallen, wenn ihr Zweck erlischt. Der Solidarpakt II endet zum 31. Dezember 2019. Die CDU hat sich erst für die vollständige Abschaffung des Soli ausgesprochen, jetzt im Kabinett aber zugestimmt. Die Krokodilstränen der Union überzeugen mich nicht. Der Soli könnte längst für alle abgeschafft sein. Als wir 2017 in den Jamaika-Verhandlungen die Soli-Streichung gefordert haben, hatte die CDU dies verweigert.
Frage: Beim Klimaschutz lehnt die FDP eine CO2-Steuer ab und warnt vor neuen Belastungen und Verboten. Wie wollen die Liberalen den Klimawandel bremsen?
Lindner: Wir setzen auf den Emissionshandel und haben ein sehr ambitioniertes Konzept vorgelegt. Es sieht ein Limit für CO2 vor, das noch ausgestoßen werden darf. Die CO2-Steuer ist der falsche Weg. Sie macht vieles teurer, kennt aber kein Limit. Wir müssen mehr Klimaschutz erreichen, ohne eine freiheitliche Lebensweise und den wirtschaftlichen Fortschritt aufzugeben. Wir müssen das Klima schützen, aber darüber dürfen nicht alle anderen Themen untergehen. Mit Verboten und Verzichtsaufforderungen wird man nicht weit kommen. Auf diesem Pfad würde uns niemand folgen in der Welt. Wir wollen CO2 ein Limit und einen Preis geben. Ingenieure und Techniker sollen dann die besten und effizientesten Wege für den Klimaschutz suchen. Der planwirtschaftliche Weg hat sich schon bei der Energiewende als teuer und unwirksam erwiesen.
Frage: Ein Jahr demonstrieren die Aktivisten von „Fridays for Future“ nun schon – immer öfter auch in Deutschland. Haben Sie der Schülerbewegung mit Ihrer Kritik, Klimaschutz sei Sache der Profis, nicht Unrecht getan?
Lindner: Damals wie heute habe ich Respekt davor, wenn sich junge Menschen für politische Ziele einsetzen. Das ist aller Ehren wert. Man nimmt eine solche Bewegung aber nur dann wirklich ernst, wenn man sich inhaltlich mit ihr auseinandersetzt. Viele der Forderungen von „Fridays for Future“ würden zu sozialen Verwerfungen und gesellschaftlichen Unruhen in unserem Land führen. Wir würden Deutschland deindustrialisieren. Eine starke Wirtschaft ist die Voraussetzung für Investitionen in den Klimaschutz. Die Frage, wie alles bezahlt werden soll, wie der Wohlstand erwirtschaftet wird, wird außer von der FDP von niemanden gestellt. Ich bleibe dabei: Nicht Politiker sollten vorgeben, welche Technik beim Klimaschutz zum Einsatz kommt, sondern wir sollten bei der Suche nach Methoden Wissenschaftler und Ingenieuren vertrauen, die sich mit technischen Fragen beschäftigen.