Dr. Marco Buschmann
Pressemitteilung

BUSCHMANN-Interview: Steuererhöhungen sind Gift in einer Wirtschaftskrise

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Dr. Marco Buschmann gab der „Rheinpfalz“ (Mittwochsausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Winfried Folz:

Frage: Herr Buschmann, die Tumulte vor dem Reichstag sind Thema einer Sondersitzung des Ältestenrates des Bundestages, dessen Mitglied Sie sind. Wo sehen Sie Aufklärungsbedarf?

Buschmann: Wir müssen klären, welches Sicherheitskonzept die Berliner Behörden gewählt haben, um die Verfassungsinstitution Bundestag und ihren Sitz, den Reichstag, zu schützen. Sollte sich herausstellen, dass die Maßnahmen von vornherein nicht angemessen waren, dann muss das ein Nachspiel haben. Vor allen Dingen müssen wir uns Gedanken machen, wie wir auch in Zukunft den Reichstag besser schützen. Der Sitz des Bundestages ist keine PR-Bühne. Seine Würde darf nicht verletzt werden. Da hat man sich nicht abzuseilen. Da hat man nicht gewaltsam einzudringen. Am Samstag kam noch hinzu, dass die Demonstranten die Reichsflagge schwenkten. Wer das tut, der knüpft an eine vordemokratische Tradition des deutschen Staates an und stellt sich damit gegen die demokratische Ordnung am Sitz des demokratisch gewählten Parlaments. Damit ist eine rote Linie überschritten.

Frage: Wie kann der Reichstag geschützt werden, ohne ihn in eine Festung zu verwandeln?

Buschmann: Ich möchte kein Parlament mit einem Festungsgraben. Der Bundestag darf sich niemals verstecken. Er darf sich auch nicht einmauern. Mit Blick auf den Samstag gab es allerdings Hinweise auf eine besondere Gefährdungslage. Es war bekannt, dass sich unter dem bunten Völkchen der Demonstranten auch Rechtsextreme befinden. Der Bundestag musste für sie ein verlockendes Ziel sein. In diesem Fall muss man auch die Sicherheitsvorkehrungen so wählen, dass man in der Lage ist, ihnen die Verfassungsinstitutionen als Bühne zu verwehren. Es gibt also keine pauschale Antwort auf Ihre Frage. Man muss der Situation angemessen reagieren. Ob das hier in dem Fall geschehen ist, müssen wir aufklären. Aber derzeit gibt es daran starke Zweifel.

Frage: Unabhängig von der Demonstration, wie steht die FDP zu den Anti-Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern?

Buschmann: Man kann nicht das ganze Land über einen Kamm scheren. Wenn es zu lokalen Infektionsausbrüchen kommt, muss man vor Ort mitunter zu sehr strikten Maßnahmen greifen. Aber wenn es beispielsweise zu einem starken Infektionsgeschehen in Bayern kommt, sollte das nicht bedeuten, dass in Schleswig-Holstein niemand mehr vor die Tür darf. Deshalb brauchen wir regionale Maßnahmen, um ein Infektionsgeschehen zu isolieren. Maske tragen, Hygiene und Abstand beachten ist allgemein sinnvoll. Aber alles, was darüber hinaus geht, muss in einer freien Gesellschaft besonders begründet sein.

Frage: Wir befinden uns in einer historischen Wirtschaftskrise. Drohen die durchaus erfolgreichen Stabilisierungsmaßnahmen des Staates – beispielsweise Kurzarbeitergeld oder die Verstaatlichung von Konzernen – zum Dauerzustand zu werden?

Buschmann: Die Corona-Krise hat sich nicht langsam aufgebaut. Sie war ein Schock für uns alle. In einer solchen Lage muss man den Wirtschaftskreislauf schnell stabilisieren. Das ist wie beim Kreislauf eines Menschen, der einen solchen Schock erleidet. Auf die Stabilisierung muss dann aber möglichst schnell das Comeback folgen. Daher ist es wichtig, dass wir die reine Stabilisierungspolitik hinter uns lassen. Ziel ist ein Aufschwung, der sich selbst trägt. Wer glaubt, der Staat könne dauerhaft die Wirtschaft finanzieren, der irrt. Das geht nur für eine kurze Zeit.

Frage: Welche Impulse müssen gesetzt werden?

Buschmann: Viele Volkswirtschaften werden jetzt auf ein Comeback setzen. Der internationale Wettbewerb wird also härter werden. Unsere Unternehmen sind gut. Sie müssen davor eigentlich keine Sorge haben. Aber andere Länder haben schon vor Corona Steuern, Abgaben und Bürokratielasten gesenkt. Damit unsere Unternehmen und Arbeitsplätze in diesem Wettbewerb eine faire Chance haben, müssen wir hier also nachziehen. Wir sollten Spitzenreiter bei Innovation statt bei der Höhe der Steuer- und Bürokratielasten sein. Auch der Staat sollte durchaus Geld in die Hand nehmen. Aber weniger für die Subvention der Vergangenheit, sondern vielmehr für Investition in Zukunft. Moderne Schulen und digitale Verwaltungen wären ein guter Schritt dazu.

Frage: Müssen starke Schultern auch mehr tragen, oder anders gesagt: Müssen die Steuern für Spitzenverdiener erhöht werden?

Buschmann: Die Steuervorschläge von Olaf Scholz sind schräg. Steuererhöhungen sind Gift in einer Wirtschaftskrise. Zudem ist es ja nicht so, dass der Staat in der Vergangenheit zu wenig Geld gehabt hätte. Erst dieser Tage ist wieder bekannt geworden, dass die fünf Milliarden Euro an Hilfen des Bundes für die Digitalisierung der Schulen kaum abgeflossen sind. Bislang sind es nur 16 Millionen Euro. Das sind 0,3 Prozent. Das belegt, dass wir kein reines Geldproblem haben. Wir haben uns mittlerweile so verbürokratisiert, dass es nicht einmal der Staat schafft, sein Geld schnell und erfolgreich in konkrete Projekte umzusetzen. Die zuständigen Stellen stehen sich oft im Weg. Die Regeln sind zu kompliziert. Es ist zu kurz gesprungen, da nur über Geld zu reden. Es geht auch um Bürokratie.

Frage: In den Umfragen liegt die FDP deutlich unter dem Ergebnis der vorherigen Bundestagswahl. Was meinen Sie: Wird die Partei nicht wahrgenommen, oder hält man sie gar für überflüssig?

Buschmann: Das ganze Land ist im Krisenmodus. Da versammeln sich die Menschen um die Regierung. Das ist ein Effekt, den wir in ganz Europa sehen. Aber Jammern hilft nichts. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir im nächsten Jahr eine andere Lage haben. Die Menschen werden nach vorne schauen und sich die Frage stellen, was wird jetzt? Die FDP wird dann an Zuspruch gewinnen. Denn wir haben für die Zukunft ein gutes politisches und personelles Angebot.

Frage: In welcher Koalition würden Sie die FDP gerne nach der Bundestagswahl sehen?

Buschmann: In einer, in der wir möglichst viel von unserem Programm umsetzen können.

Frage: So antwortet jede Partei.

Buschmann: Lassen wir erst einmal die Wähler entscheiden. Sie werden uns sagen, wen sie stärken und wen sie schwächen wollen. Das ist die Grundlage für alles. Danach sprechen wir darüber, was mit wem möglich ist.

Frage: Tragen Sie den Koalitionsbeschluss zum Wahlrecht mit?

Buschmann: Die dünnen Eckpunkte, die wir bislang kennen, verdienen ja den Namen Reform gar nicht. Das ist ein Feigenblatt, mit dem die Koalition die Scham verhüllen möchte, dass sie keine Wahlrechtsreform hinbekommt. Die Aufgabe war, einen XXL-Bundestag zu verhindern. Alle Experten sind sich einig, dass das mit der kurzfristigen Wahlrechtsänderung, die die große Koalition jetzt anstrebt, nicht gelingen wird. Das ist reine Symbolpolitik, mit der die Menschen getäuscht werden sollen.

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