Erster Parlamentarischer Geschäftsführer

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung

Johannes Vogel
Pressemitteilung

VOGEL-Gastbeitrag: Das Beste liegt noch vor uns!

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Johannes Vogel schrieb für das „Handelsblatt“ den folgenden Gastbeitrag:

Fortschritt braucht Antrieb. Und der Antrieb für unser Land, das sind die Menschen, die vorankommen wollen, die etwas erreichen, bewegen und schaffen wollen. Menschen, die den Aufstieg wollen. Sie gehören stärker ins Zentrum unserer Diskussion um Wirtschaftswachstum. Denn wir brauchen sie für die Wirtschaftswende.

Dieses Land braucht Wachstum auch deshalb, weil mehr Menschen nur dann aus ihrer bisherigen Lebenslage herauswachsen können, ohne anderen etwas wegnehmen zu müssen. Nur wenn der Kuchen wächst, lässt sich vermeiden, dass harte Konflikte über dessen Verteilung entstehen – die den Charakter einer Gesellschaft verändern – und zwar nicht zum Guten. Es ist absurd, wenn Parteien, die permanent von sozialer Gerechtigkeit reden, für die wirtschaftliche Stärke unseres Landes nur Gleichgültigkeit empfinden.

Menschen wollen frei und unabhängig leben, sie möchten sich etwas erarbeiten und stolz auf das Erreichte sein. Auch das ist soziale Gerechtigkeit. Wenn genau das mehr Menschen möglich ist, gibt es auch mehr Menschen, die die Gewissheit in sich tragen: Die Bundesrepublik Deutschland hat seine besten Zeiten noch vor sich, hier lohnt es sich, mir und auch meinen Kindern und Enkel eine bessere Zukunft aufzubauen.

Zurzeit jedoch muss man konstatieren: Unser Land wurde seit 2014 Schritt für Schritt bei der Wettbewerbsfähigkeit abgehängt. Die Dynamik und der Zukunftshunger im pazifischen Raum und die Produktivität der USA sind uns davongeeilt. Nur noch der allerärmste Bundesstaat der Vereinigten Staaten liegt beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf hinter Deutschland. Einzig mit Mississippi können wir noch mithalten!

Aber dieses Land kann wirtschaftliche Turnarounds, vom Wirtschaftswunder bis zur Agenda 2010. Einen solchen Agenda-Moment brauchen wir auch jetzt. Drei Themen gehören für mich zwingend dazu: Bildungspolitik, Entlastungen und Vermögensaufbau.

Erstens: In Deutschland ist der soziale und berufliche Weg noch immer stark von der sozialen und geografischen Herkunft abhängig. Es macht leider einen großen Unterschied, in welcher Straße man wohnt, welchen Nachnamen man trägt und welchen Abschluss die Eltern haben. Dieser Zustand ist nicht hinnehmbar. In Nordrhein-Westfalen haben wir mit den Talentschulen etwas eingeführt, das wir im Bund als Startchancen-Programm fortgeführt haben. Talentschulen sind besonders gut ausgestattete Schulen genau in den Stadtteilen mit besonders großen sozialen Herausforderungen. Denn nicht 5.000 neue Beamtenstellen für die Sozialbürokratie holen Kinder aus der Armut – sondern mehr Lehrerinnen und Lehrer und bessere Schulen. Aber diesen Einsatz für das Bildungssystem von morgen müssen wir noch viel weiter vorantreiben. Durch mehr Talentschulen, mehr Autonomie für die einzelnen Schulen und bundesweit einheitliche Standards, von Sprachtest in der Kita bis zum Schulabschluss.

Zweitens: Menschen, die aufsteigen wollen und auch bereit zur Extrameile sind, müssen wieder spüren, dass sich Mehranstrengung wortwörtlich auszahlt. Es ist doch absurd, dass es in Deutschland für Familien unter Umständen kaum einen Unterschied macht, ob sie 3.000 oder 5.000 Euro brutto im Monat verdienen, weil Sozial- und Steuersystem nicht aufeinander abgestimmt sind und so Fleiß und Anstrengung bestrafen, statt sie zu belohnen. Die nächste Bundesregierung muss daher endlich eine wirksame Diät gegen den Mittelstandsbauch im Steuersystem starten. Nur, wenn Menschen auch wieder mehr Netto vom Brutto haben und das Netto auch mit dem Brutto wächst, glauben sie an das, was unsere Gesellschaft antreibt: Die Überzeugung, dass das Beste noch vor uns liegt, dass man es besser haben kann als Generationen vor einem und, dass sich der eigene Einsatz dafür lohnt.

Drittens: Um mehr Menschen eine finanzielle Unabhängigkeit zu ermöglichen, müssen wir nicht nur dafür sorgen, dass den Menschen mehr Geld in der Tasche verbleibt – sondern auch die politischen Rahmenbedingungen für den Vermögensaufbau mit genau diesem Geld verbessern. Mein konkreter Vorschlag: Ein steuerfreies Aufstiegsvermögen für alle – ob Angestellter oder Selbstständige. Drei Dinge sind dazu nötig. Zum einen: Nicht genutzte Freibeträge müssen ins Folgejahr übertragen werden können. Zum anderen: Der Sparerfreibetrag soll jährlich automatisch um drei Prozent steigen. Und schließlich: Der Freibetrag wird einmalig spürbar angehoben, etwa auf 5.000 Euro. Wer mit diesem Modell schon nach einer Berufsausbildung monatlich 89 Euro spart und den Betrag jährlich um drei Prozent erhöht, dem stehen nach 67 Jahren und einer durchschnittlichen Rendite von 7,5 Prozent eine Dreiviertelmillion zur Verfügung – steuerfrei. Dies ist die Kraft des Zinseszinseffekts bei langfristigen Kapitalmarktanlagen. Ich möchte, dass alle in diesem Land stärker von der Energie der Marktwirtschaft profitieren. Andere diskutieren dieser Tage, wie sie an mehr Kapitaleinkünfte der Leute kommen. Wir sollten diskutieren, wie mehr Leute an Kapitalankünfte kommen!

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