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SUDING/STAMP-Gastbeitrag: Kitas öffnen, Eltern entlasten
Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding und der NRW-Familienminister Dr. Joachim Stamp schrieben für die „Welt“ (Donnerstagsausgabe) den folgenden Gastbeitrag:
Kinder werden als Entdecker geboren, sie wollen lernen. Dafür ist die Kita ein wichtiger Ort. Das ist uns als Eltern bewusst. Kinder brauchen diesen Ort ganz dringend, Eltern aber auch. Die Corona-Krise hat dem einen Riegel vorgeschoben: Viele Eltern belastet es zunehmend, liebevoll für ihre Kinder da zu sein und gleichzeitig im Homeoffice zu arbeiten. Das bringt auch die engagiertesten Eltern an ihre Belastungsgrenze. Und es gibt weitere Probleme. Jedes fünfte Kind ist von Armut gefährdet. Daneben ist Chancenarmut ein großes Problem. Der einzige Ausweg ist Bildung. Kinder, deren Eltern die Bildungsarbeit zu Hause nicht oder nicht ausreichend leisten können, fallen zurück und können den Rückstand kaum aufholen. Desaströs ist die Situation für von Gewalt und Missbrauch bedrohte und betroffene Kinder. Einem krisenbedingt hohen Konfliktpotenzial ausgeliefert, sind geschlossene Kitas für sie nicht nur belastend oder chancenraubend, sondern hochgefährlich. Deshalb müssen die Länder Kitas unter folgenden Bedingungen wieder öffnen.
Erstens: Der Gesundheitsschutz muss höchste Priorität haben. Daher brauchen wir entsprechende Hygienestandards und kleine, klar voneinander abgegrenzte Betreuungsgruppen. Kinder können so ein soziales Netzwerk bilden und Hygieneregeln wie gründliches Händewaschen, regelmäßiges Lüften und angepasste Essensrituale gemeinsam spielerisch lernen und durch Übung verinnerlichen. Die milden Temperaturen begünstigen die Betreuung im Freien. Das Bringen und Abholen kann ebenfalls im Freien stattfinden. Einrichtungen müssen mit ausreichend Desinfektionsmittel, Seife und Handtüchern ausgestattet sein und konsequent gereinigt werden.
Zweitens: Weil die Entwicklung der Pandemie regional sehr unterschiedlich ist, brauchen wir individuelle Fahrpläne, die den Grad der Kita-Öffnung und die Umsetzung immer an der Entwicklung der Pandemie vor Ort festmachen. Grundlage dafür müssen Fakten und neueste Erkenntnisse sein. Deshalb dürfen Regelungen nie pauschal und Entscheidungen nie starr sein. Wichtig ist, dass jede Region mit eigenem Tempo vorangeht. Das Ziel muss die Rückkehr zum Normalbetrieb sein, wenn ausreichend Erzieher da sind, Hygienestandards eingehalten werden können und Infektionszahlen gering sind.
Drittens: Wir müssen genau hinschauen, wer bis dahin am dringendsten Unterstützung braucht. Deshalb muss die Notbetreuung parallel ausgeweitet werden. Als besonders bedürftig zählen Kinder von Alleinerziehenden, Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen, aus Pflegefamilien oder Kinder mit Bedarf an Sprachförderung, mit einer Behinderung, Kinder im Prozess der Eingewöhnung oder am Übergang zur Vorschule.
Viertens: Erzieher, Kinderpfleger sowie Tagespflegepersonen leisten dieser Tage Enormes. In den kommenden Wochen werden wir den bestehenden Personalmangel jedoch noch deutlicher zu spüren bekommen, wenn wieder mehr Kinder betreut werden, aber älteres Personal noch nicht zur Verfügung steht. In dieser Situation müssen wir kurzfristig zusätzliche Hände wie beispielsweise Freiwillige im Sozialen Jahr gewinnen. Auf Worte des Dankes müssen dann Taten folgen. Bund und Länder sollten gemeinsam agieren, um schnell neue Fachkräfte zu gewinnen.
Wenn diese Punkte beherzigt werden, können wir Gesundheitsschutz und Kinderschutz zusammenbringen, Lebenschancen wahren und Eltern entlasten. Erzieher, Tagespflegepersonen und ebenso Eltern tragen bisher eine nicht zu unterschätzende Last in der Krise. Öffnen wir stufenweise die Kitas, um sie davon zu befreien.