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SUDING-Gastbeitrag: Schulen brauchen digitale Hilfe
Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding schrieb für die „Welt“ (Mittwochsausgabe) den folgenden Gastbeitrag:
Je länger sich die Corona-bedingten Schulschließungen hinziehen, umso deutlich wird, wie sehr wir in Deutschland bei der Digitalisierung im Bildungsbereich hinterherhinken. Es hat Jahre gedauert von der ersten Ankündigung des Digitalpaktes bis Bundestag und Bundesrat mit seiner Zustimmung zur Änderung des Grundgesetzes den Weg dafür endlich freigemacht haben. Die Umsetzung verlief aber bislang schleppend. Doch jetzt ist schnelles Handeln gefragt, damit die Corona-Krise nicht zur Bildungskrise wird. Weil Schulen geschlossen sind, setzen Lehrkräfte den Unterricht mit ihren Schülerinnen und Schülern vielerorts digital fort. Sie nehmen nicht hin, dass Schule unterbrochen wird, nur weil der Staat die technischen Möglichkeiten nicht nutzt. Dieser Einsatz verdient höchste Anerkennung – und zwar auch deshalb, weil die Rahmenbedingungen für digitalen Unterricht in Deutschland oft miserabel sind. Zahlreiche Anbieter digitaler Bildungsinhalte stellen ihre Lernmittel in der Krise kostenlos oder stark vergünstigt zur Verfügung. Auch ihnen gebührt unser Dank. Die Vorteile digitaler Bildung werden in diesen Tagen besonders gut sichtbar, daher wird die gesamte EdTech-Branche einen großen Nachfrageschub erleben. Gut so, denn das stärkt unser Bildungssystem auf Dauer, weil mehr Menschen lernen, wie und dass digitale Bildung funktioniert.
So vorbildlich die vielen verschiedenen Notbehelfe derzeit auch sind: Auf Dauer können und dürfen wir nicht auf das Improvisationstalent und die Opferbereitschaft der Beteiligten setzen. Viele weitere Wochen oder Monate sind so kaum zu überbrücken. Alle Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler brauchen Zugang zu digitalen Lernmitteln, nicht nur die digitalen Vorreiter. Und auch von den Entwicklern digitaler Lernmittel kann niemand erwarten, dass sie dauerhaft zum Nulltarif arbeiten. Als einfache und schnelle Lösung schlagen wir eine Öffnung des Digitalpaktes vor: 5,5 Milliarden Euro stehen dafür bereit. Bislang kann dieses Geld fast ausschließlich in die technische Infrastruktur der Schulen investiert werden, nicht aber in digitale Lernmittel, die in diesen Tagen ganz dringend gebraucht werden. Technik an den Schulen ist in Normalzeiten notwendig, bringt den Schülerinnen und Schülern aber herzlich wenig, wenn die Schulen geschlossen sind.
Der Digitalpakt könnte jetzt viel wirksamer helfen, wenn Bund und Länder ihn ändern würden. Die grundgesetzliche Grundlage dafür ist da: FDP und Grüne haben bei der letzten Grundgesetzänderung durchgesetzt, dass der Bund an den Schulen künftig nicht nur in Kabel und Geräte, sondern auch in damit unmittelbar verbundene Kosten investieren darf. Dazu gehören die digitalen Lernmittel, aber auch Fortbildungen von Lehrkräften und die Wartung von Servern. Diese Möglichkeiten sind im Digitalpakt noch nicht berücksichtigt. Nun aber sollten Bund und Länder diese Option schleunigst nutzen und den Digitalpakt öffnen. Wir Freien Demokraten haben im letzten Jahr bereits ein detailliertes Konzept für einen solchen Digitalpakt 2.0 vorgelegt, der neben der Technik auch deren Wartung, die Aus-, Fort- und Weiterbildung und die Entwicklung und Anschaffung digitaler Lernmittel fördern soll. Ich wünsche mir sehr, dass aus dieser Krise eine Chance erwächst und Bildungspolitiker fraktionsübergreifend die Notwendigkeit erkennen, den Digitalpakt jetzt zu öffnen und die Anschaffung digitaler Schulbücher zu ermöglichen. Die Bildungschancen unsere Kinder müssen uns das wert sein!