Haushaltsausschuss
RUPPERT-Interview: Wir brauchen eine gesteuerte Zuwanderung
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Dr. Stefan Ruppert gab dem „ARD-Morgenmagazin“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Christiane Meier:
Frage: Fangen wir mit dem Thema Nachzug an, eigentlich ist es nicht Ihr Thema, Ihr Thema ist Innere Sicherheit, aber Sie haben sich geäußert und wir fragen uns alle natürlich: Wie kann es sein, dass man beim Thema Familiennachzug sich derartig verhakt? Da geht es um 60.000 Leute, und es geht ja nicht nur um Zahlen, sondern es geht ja echt um Menschen.
Ruppert: In der Tat, da stehen menschliche Schicksale dahinter. Gleichwohl brauchen wir eine gesteuerte Zuwanderung, und zwar auch eine restriktiv gesteuerte Zuwanderung. Und deswegen können wir nicht jedem Familienmitglied den Nachzug nach Deutschland erlauben. Im Einzelfall muss das aber sehr wohl möglich sein
Frage: Jedem Familienmitglied soll es auch gar nicht erlaubt werden, sondern nur den allerengsten Familienmitgliedern. Hier gibt es ja viele Jugendliche, die keine Eltern dabeihaben. Es gibt auch Eltern, die ihre Partner nicht dabeihaben. Das grenzt schon an Unmenschlichkeit.
Ruppert: Wenn Menschen absehbar wieder in ihr Land zurückkehren müssen, können wir nicht erst noch die Familie nachholen, um dann alle wieder in ihr Land bringen zu lassen.
Frage: Na gut, auch das wird ja verhandelt werden. Die Stimmung ist suboptimal sagen wir mal im Augenblick. Jedenfalls wenn man dem glaubt was nach außen dringt. Wir reden jetzt einfach mal sachlich über die Innere Sicherheit, das ist ja Ihr Thema. Und Sie werden heute vortragen was die FDP sich da vorstellt. Und es gibt ja Gemeinsamkeiten, um mal positiv anzufangen: Alle wollen mehr Polizei. Können Sie das so aufrechterhalten, und kann man es auch überhaupt finanzieren?
Ruppert: Wir brauchen natürlich mehr Polizisten, weil wir den Eindruck gewonnen haben in den letzten Jahren, dass geltendes Recht nicht mehr durchgesetzt wird. Horst Seehofer hat gesagt, wir leben in einer Herrschaft des Unrechts. Das finde ich nicht passend. Sondern wir leben in einer teilweisen Herrschaft des nicht durchgesetzten Rechts. Und dafür brauchen wir mehr Polizisten. Wir brauchen aber auch weniger Gesetze, die diese Polizisten durchsetzen, weil wenn die sich um alles und jedes kümmern, dann haben sie für die eigentlichen Themen nicht ausreichend Zeit.
Frage: Bisher war es jedes Mal so, nach jedem Anschlag und nach jeder Bedrohung war der Ruf nach einem neuen Gesetz nicht nur zu hören, sondern es wurde auch noch gemacht. Jetzt geht es nicht nur mehr um die Vorratsdatenspeicherung, inzwischen geht es um Videoüberwachung. Auch etwas was die Union sehr gerne durchsetzen möchte, ist das mit Ihnen zu machen?
Ruppert: Wir erleben ja, dass zahlreiche Gesetze am Ende der letzten Legislaturperiode noch eilig gemacht worden sind, mit zweifelhaftem verfassungsrechtlichem Status. Wir haben eine Vielzahl von Klagen in Europa, aber auch vor dem Bundesverfassungsgericht. Insofern plädieren wir dafür, Befugnisse für die Polizei immer mit ganz klarem verfassungsrechtlichem Maßstab vorzusehen.
Frage: Das ist ja sehr allgemein gesagt, aber wo sehen Sie denn den Konflikt jetzt mit der Union in genau diesem Bereich, der Ihr Spezialbereich ist?
Ruppert: Wir erleben jetzt bei der Vorratsdatenspeicherung z.B., dass das OVG in Nordrhein-Westfalen uns dazu zwingt, gewisse Maßnahmen auszusetzen. Wir sind abhängig von Gerichtsbarkeit. Wir sollten lieber Vorschläge machen, die dann auch verfassungsfest sind. Wir haben mit Quick Freeze, also einer vorläufigen Speicherung, einen Vorschlag gemacht. Die jetzige Vorratsdatenspeicherung in der Form, die halten wir für verfassungswidrig.
Frage: Interessanterweise sind Sie in dem Bereich ziemlich nahe an den Grünen, d.h. dass da eigentlich die Linie Grüne und FDP gegen die Union verläuft. In anderen Bereichen ist es genau andersrum, da verbündet sich die CSU wiederum mit der FDP. Das könnte auch dafürsprechen, dass alles auseinanderfällt, aber es könnte auch dafürsprechen, dass man sich einigt.
Ruppert: Ja, ich bin sowieso dafür, dass man sich an Sachthemen orientiert, sich ganz ruhig und dem anderen auch mal zuhörend positioniert. Ich bin meistens beim Zuhören klüger geworden und nicht beim Reden. Insofern, aufeinander zugehen, gucken, was der andere für Anliegen hat, ist eine Herangehensweise in der Politik, die bei aller Aufgeregtheit und aller Gegensätzlichkeit manchem guttäte.