Stellv. Fraktionsvorsitzender
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Michael Link
Pressemitteilung

LINK-Interview: Mit Überheblichkeit bewirkt man bei Trump Gegenreaktionen

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Link gab dem „Tagesspiegel“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Daniel Friedrich Sturm.

Frage: Herr Link, Donald Trump kommt, Sie legen Ihr Amt als Transatlantik-Koordinator nieder. Fliehen Sie aus der Verantwortung just dann, wenn es drauf ankommt?

Link: Nein, wenn man von einer Koalition einen politischen Auftrag bekommt und diese dann zerbricht, dann muss man korrekterweise den Auftrag zurückgeben. Dem Thema der transatlantischen Zusammenarbeit bleibe ich treu. Sich mit den USA und der künftigen Regierung Trump zu befassen, wird ja wichtiger denn je. Gerade die FDP mit ihren traditionell sehr guten Beziehungen zu beiden politischen Lagern in den USA ist für diese Aufgabe prädestiniert. Gleichzeitig ist dies viel zu wichtig, um es als einseitige Parteipolitik zu betreiben, sodass ich auch weiterhin mit den anderen demokratischen Parteien zusammenarbeite.

Frage: Ist Deutschland auf Trumps Präsidentschaft vorbereitet?

Link: Die bisherige Bundesregierung hat sich intensiv damit beschäftigt, wofür Trump, sein Umfeld, die ihm nahen Think Tanks geworben haben. Sie hat versucht auch zu Trumps direktem Umfeld Kontakte aufzubauen. Ist uns das überall gelungen? Nein. Die Kontakte in die Republikanische Partei aber haben wir in den vergangenen knapp drei Jahren erheblich verbreitert und vertieft. Wir verstehen auch die Methode Trump viel besser und konnten uns auf Szenarien vorbereiten.

Frage: Sie waren oft in den USA, haben republikanische Gouverneure, Senatoren, Abgeordnete getroffen ...

Link: ... und jeder Kontakt, auch in die Bundesstaaten, ist wichtig. Die Republikanische Partei ist mehr als nur Trumps „Make America great again“. Ob unser Netzwerk reicht, um zum Beispiel auf Trumps Zoll-Pläne zu reagieren, bleibt offen. Wir werden alle Kontakte aktivieren, um zu einem pragmatischen Arbeitsverhältnis zu kommen. Deutschland darf sich nicht an den USA abarbeiten, oder umgekehrt.

Frage: Hat sich das Kanzleramt auf einen Präsidenten Trump vorbereitet?

Link: SPD und Grüne haben sich mit einem sehr parteipolitischen Kurs auf das Trump-Szenario vorbereitet. Ich habe immer geraten, zwar die Unterschiede zu Trump transparent zu benennen, dies aber sachlich und ohne Emotionen zu tun. Mit Gefühlsaufwallungen oder Überheblichkeit bewirkt man bei Trump Gegenreaktionen. Wenn jetzt einzelne prominente Grüne Trumps Präsidentschaft zum ideologischen Feindbild ausrufen, dann schadet das dem transatlantischen Verhältnis, denn Trumps Wiederwahl ist nun mal Realität, ob uns das gefällt oder nicht.

Frage: Wird Trump Kanzler Olaf Scholz, womöglich nur noch ein paar Monate im Amt, ernst nehmen?

Link: Trump nähme Scholz ernst, wenn der Kanzler echte wirtschaftliche Reformen wagen und sicherheitspolitische Anforderungen annehmen würde. Bei der Ukraine-Hilfe sagt der Kanzler ja vor allem, was nicht geht. Bei Wirtschaftsreformen fehlt ihm jegliche Entschlossenheit.

Frage: Trump kommt am 20. Januar 2025 ins Amt, am 23. Februar ist Bundestagswahl. Wird Olaf Scholz das Weiße Haus auf Einladung Trumps besuchen?

Link: Ein solcher Termin wäre in dieser Phase ungewöhnlich. Im besten Falle käme Trump Mitte Februar zur Münchner Sicherheitskonferenz. Jenseits aller Parteipolitik und des Wahlkampfes: Jedes Gespräch zwischen dem deutschen Bundeskanzler und dem US-Präsidenten hilft uns, Europa und der Ukraine.

Frage: Nun haben die USA einen Teil der Reichweitenbeschränkungen für die von ihnen an Kiew gelieferten Waffen aufgehoben, um Ziele in Russland anzugreifen. Was folgt daraus für Deutschland?

Link: Joe Biden zeigt, dass er keine „lame duck“ ist. Er hat sich in der Frage der Reichweitenbeschränkungen bewegt, wenn auch leider sehr spät. Die Ukraine hat dadurch viele Menschenleben verloren und Putin an Boden gewonnen. Noch besser wäre es seitens Bidens gewesen, das grüne Licht zum Einsatz gar nicht groß anzukündigen, sondern es einfach zu tun, so wie die Briten. Leider ist der Bundeskanzler ein Zauderer. Wir müssen jetzt den Taurus liefern, damit sich die Ukraine völkerrechtskonform besser verteidigen kann. Taurus haben wir genug, sie sind schnell einsetzbar und leicht nachzubestellen. 

Frage: Rechnen Sie damit, dass sich die USA komplett aus der Ukraine-Hilfe zurückziehen?

Link: Nein. Trump wird das Engagement der USA an die Gegenleistungen der Europäer knüpfen. Die europäischen Mitglieder der Nato werden für die Ukraine mehr tun müssen als bisher. Mit der Lieferung von Taurus könnte Deutschland jetzt selbstbewusst agieren, anstatt auf Trump zu warten. Wir müssen den Trump‘schen Vorwurf, dass die USA für die Sicherheit Europas zahlt, durchkreuzen.

Frage: Trump kann mit einer republikanischen Mehrheit in beiden Kammern des US-Kongresses regieren. Kann Trump damit durchregieren? Oder sehen Sie Republikaner, die Trump nicht alles gestatten werden?

Link: Man sieht, dass auch manche Republikaner die Ukraine-Hilfe wollen, mehrere haben die Reichweitenaufhebung gelobt. Der neue Mehrheitsführer im Senat und diverse Ausschussvorsitzende werden nicht genau das tun, was das Weiße Haus unter Trump will. Man kann nur hoffen, dass sie erratische Entscheidungen verhindern oder zumindest korrigieren.

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