Christian Lindner
Pressemitteilung

LINDNER-Interview: Von bestmöglicher Vorbereitung sind wir weit entfernt

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner gab der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstagsausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Andreas Herholz:

Frage: Deutschland hat mit den Corona-Impfungen begonnen. Wie bewerten Sie den Start?

Lindner: Die Zweifel daran, dass rechtzeitig und genügend Impfstoff bestellt worden ist, scheinen sich jetzt leider zu bestätigen. Es hilft nun nichts, diese Versäumnisse zu beklagen. Jetzt muss alles dafür getan werden, das Tempo und die Produktion zu erhöhen. Bayerns Ministerpräsident Söder hat eine Ausweitung der Produktion gefordert. Das fordern wir auch. Wir sehen jetzt die Bundesregierung in der Verantwortung. Sie muss das Gespräch mit der Pharma-Industrie suchen, um schnell Wege zu finden, die Produktion so zu erhöhen, dass wir bereits im Frühjahr hinreichend viele Menschen impfen können.

Frage: Die Linke fordert, die Impfstoff-Lizenzen von Biontech zu enteignen und auch andere Unternehmen an der Produktion zu beteiligen…

Lindner: Eine Enteignung geistigen Eigentums kann es fraglos nicht geben. Das wäre ein absurder Vorschlag. Es sollte geprüft werden, ob eine Produktion in Lizenz technisch realisierbar wäre, bei der das geistige Eigentum bezahlt wird. Das wäre eine denkbare Option. Wenn Herr Spahn jetzt erklärt, wie schwierig die Produktion sei, macht er sich offenbar keine Vorstellung darüber, in welcher Not viele Menschen sich gegenwärtig befinden. Da sollte jeder Vorschlag geprüft werden, wie die Probleme und Engpässe bei der Produktion beseitigt werden können. Wir dürfen nicht bis in den Herbst warten. Die aktuellen Prognosen über den Impfstoffmangel sind erschreckend. Ziel muss sein, so viel Impfstoff zu bekommen, dass jeder schnellstmöglich geimpft werden kann. Dann sollten wir auch die Kapazitäten der Fach- und Hausärzte einbeziehen, die immerhin jedes Jahr 20 Millionen Grippeimpfungen vornehmen. 20 Millionen Corona-Impfungen sollten auch unser Ziel für dieses Frühjahr sein.

Frage: Gesundheitsminister Jens Spahn spricht davon, dass der Impfstart bestmöglich vorbereitet worden sei…

Lindner: Von bestmöglicher Vorbereitung sind wir weit entfernt. Es gibt einen erheblichen Impfstoffmangel. Die Regierung muss jetzt dringend sehr viel mehr beschaffen und das bei allen Herstellern. Selbst wenn wir am Ende deutlich zu viel Impfstoff haben. Dann hätten wir eben eine Überproduktion bezahlt, die wir dorthin geben könnten, wo es einen Mangel an Impfstoff gibt. Jede Impfung in Deutschland, die schneller erfolgt, rettet potenziell Leben und holt unsere Wirtschaft früher aus der Intensivstation. Die zusätzlichen Kosten wären allemal günstiger als die gesundheitlichen und volkswirtschaftlichen Folgen der Pandemie und weitere Monate Lockdown. Es muss jetzt ein Spitzengespräch der Regierung mit der Pharma-Industrie geben, um diesen Notstand zu beseitigen.

Frage: Es gab Kritik, dass Gesundheitsminister Spahn die Impfstrategie nur per Verordnung regelt. Muss jetzt der Bundestag übernehmen und eine weitere gesetzliche Grundlage schaffen?

Lindner: Die Entscheidung, die Impfungen auf der Basis einer Rechtsverordnung des Gesundheitsministers vorzunehmen, kommt jetzt wie ein Bumerang zurück. Jetzt gibt es die Debatte, ob es Sonderrechte für Geimpfte geben soll oder nicht. Hier geht es um Freiheitseinschränkungen, und nicht jeder bekommt gleich den Impfstoff. Wir brauchen daher dringend eine gesetzliche Grundlage dafür. Es kann nicht sein, dass Herr Spahn darüber entscheidet, wer geimpft wird und wer am Ende welche Freiheiten erhält.

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