Stellv. Fraktionsvorsitzender

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Alexander Graf Lambsdorff
Pressemitteilung

LAMBSDORFF-Interview: Dieses Versagen kann Menschenleben kosten

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff gab der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstagsausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Gernot Heller:

Frage: Die Evakuierung von Botschaftspersonal und Ortskräften aus Afghanistan läuft. Wer trägt die Verantwortung für Fehleinschätzungen und das späte Handeln?

Lambsdorff: Die Evakuierung von deutschen Staatsbürgern und afghanischen Ortskräften liegt in der Verantwortung des Außen-, des Innen- und der Verteidigungsministerin. Maas, Seehofer und Kramp-Karrenbauer haben den Ernst der Lage nicht erkannt und verpasst, rechtzeitig eine Evakuierungsstrategie auszuarbeiten. Dieses Versagen innerhalb Bundesregierung kann Menschenleben kosten. Ich bin stolz auf unsere Soldatinnen und Soldaten, die unter gefährlichen Umständen die Notfallevakuierung durchführen, aber es hätte viel weniger dramatisch ausgehen können, wenn die Regierung rechtzeitig geplant hätte.

Frage: Was sind die Folgen der Taliban-Machtübernahme für die internationale Politik und die Region?

Lambsdorff: Zwanzig Jahre lang konnte die Bundeswehr gemeinsam mit den Nato-Verbündeten verhindern, dass ein neuer Terroranschlag auf die westliche Welt von Afghanistan ausging. Unsere Streitkräfte haben ihren Auftrag in dieser Hinsicht hervorragend ausgeführt. Wichtig ist jetzt, dass Afghanistan nicht wieder zu einer Brutstätte des internationalen Terrorismus wird. Und es ist eine Tragödie, dass vor allem die Afghanen, die in den vergangenen Jahren in Freiheit leben konnten, einen schweren Rückschlag erleben werden. Besonders Frauen und Mädchen werden unter den Taliban leiden.

Frage: Wie sollte die deutsche Politik jetzt mit Afghanistan umgehen?

Lambsdorff: Ganz wichtig ist, dass jetzt sofort die Entwicklungshilfe für Afghanistan gestoppt wird. Die Taliban dürfen auch indirekt keine Gelder empfangen, die ihren Machtausbau finanzieren und das Terrorregime am Leben halten. Die Bundesregierung hat sich immer geweigert, eine Bewertung des Einsatzes vorzulegen. Es ist aber das Mindeste, was wir aus den Fehlern dieses Einsatzes lernen, damit wir ähnlich schwierige Lagen an anderen Orten verhindern können. Als Freie Demokraten fordern wir deshalb, dass es nach der Bundestagswahl eine Enquête-Kommission „Afghanistan“ gibt, die sich genau diesem Thema widmet.

Frage: Sind Berlin und die EU auf einen Flüchtlingsstrom eingerichtet?

Lambsdorff: Unser Ziel ist, dass die Flüchtlinge vor allem in den Nachbarländern Tadschikistan, Usbekistan und Turkmenistan ausreichend versorgt werden können. Deshalb muss die Bundesregierung mehr finanzielle Hilfen für das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR), die Internationale Organisation für Migration (IOM) zur Verfügung stellen und auf internationaler Ebene für eine neue Geberrunde eintreten.

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