Stellv. Fraktionsvorsitzender

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Alexander Graf Lambsdorff
Pressemitteilung

LAMBSDORFF-Gastbeitrag: Deutschland muss an der Seite Israels stehen

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff schrieb für „Focus Online“ den folgenden Gastbeitrag:

Der Nahe Osten ist ein Pulverfass. Der brutale Raketenterror der letzten Tage zeigt, was passiert, wenn es explodiert. Mehr als 1000 Geschosse haben Hamas und der islamische Dschihad seit vergangenem Wochenende in Richtung der einzigen Demokratie der Region, des einzigen jüdischen Staates der Welt gefeuert. Israel ist klein, ungefähr so groß wie Hessen. Können wir uns vorstellen, was es bedeuten würde, wenn zwischen Kassel und Darmstadt 1000 Raketen auf Städte und Dörfer abgeschossen würden, von denen hunderte am Boden explodieren würden, neben Schulen, auf Marktplätzen oder in Wohngebäuden?

Das ist die Lage in Israel heute, denn es gibt Tote und hunderte Verletzte auf israelischer Seite. Umso widerwärtiger, dass hierzulande Antisemiten die Vorfälle als Vorwand nutzen, um Angriffe auf Synagogen auszuüben. Wie konnte es so weit kommen?

Auf die Frage nach dem „Warum“ gibt es im Nahen Osten fast nie eine einfache Antwort. Die Unruhen haben schon Mitte April mit Beginn des Ramadans zugenommen. Es ist traurige Realität in der für Juden, Moslems und Christen heiligen Stadt, dass radikale Kräfte immer wieder aneinander geraten. In dieser Woche fiel nicht nur das Ende des Ramadans mit dem Jerusalemtag zusammen, an dem jedes Jahr vor allem jüdische Siedler in der Jerusalemer Altstadt feiern und Spannungen vorprogrammiert sind. Sondern an diesem Montag wurde auch eine Entscheidung des höchsten israelischen Gerichts erwartet, die über die Räumung palästinensischer Häuser in Ostjerusalem endgültig urteilen sollte, an der sich seit Jahren die Wut der Palästinenser auflädt.

Gleichzeitig rührt der Unmut aber auch von der vertrackten innenpolitischen Situation in den Palästinensischen Gebieten. Seit 12 Jahren regiert Mahmoud Abbas, ohne dass die Menschen ihn gewählt haben. Und jetzt gerade verkündete er schon wieder Absage der Wahlen und gab die Schuld dafür, wie so oft, Israel. In Wirklichkeit fürchtet er sich vielmehr davor, dass seine Konkurrenten als Gewinner aus den Wahlen hervorgehen könnte.

Man kann der israelischen Polizei ungeschicktes Vorgehen auf dem Tempelberg vorwerfen, man kann sich über die Rechtmäßigkeit der Räumungen palästinensischer Häuser in Ostjerusalem streiten und man kann auch Verständnis aufbringen für Frustration in der palästinensischen Bevölkerung. Absolut gar nichts von alldem aber rechtfertigt die menschenverachtenden Angriffe mit hunderten von Raketen, die aus dem Gazastreifen auf unschuldige Zivilisten in Israel abgefeuert wurden. Im Gegenteil, sie gefährden nicht nur die israelische Sicherheit und die Stabilität der gesamten Region, sie schaden auch den Interessen aller friedlichen Palästinenser.

Die israelische Regierung hat klar gemacht, dass sie ihre Bürgerinnen und Bürger mit aller Kraft schützen wird. Das Recht auf Selbstverteidigung ist eine Selbstverständlichkeit. Es ist beunruhigend, dass mit Annalena Baerbock gerade eine deutsche Kanzlerkandidatin und mit Heiko Maas ein deutscher Außenminister zunächst bewusst davon abgesehen haben, dies auch so deutlich zu benennen. Für die FDP ist klar: Deutschland muss an der Seite Israels stehen. Wir haben eine besondere Verantwortung für die Sicherheit dieses Staates, der nach dem Holocaust entstand, damit jüdisches Leben endlich in staatlicher Souveränität gestaltet werden kann.

Zusammen mit den anderen Europäern müssen wir die amerikanischen Bemühungen zur sofortigen Deeskalation unterstützen, um weitere zivile Opfer zu vermeiden. Langfristig aber wird nur eine dauerhafte politische Lösung Frieden im Nahen Osten garantieren können. Egal wie viele Nobelpreisträger, US-Präsidenten, Israelis, Palästinenser und NGOs sich bereits die Zähne an einer dauerhaften Befriedung des Nahostkonflikts ausgebissen haben, wir müssen weiter auf direkte Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern dringen.

Bis heute ist das Oslo-Abkommen die völkerrechtliche Grundlage für eine ausverhandelte Zweistaatenlösung. So soll ein friedliches Nebeneinander zwischen einem jüdischen und demokratischen Israel, das in sicheren Grenzen friedlich leben kann und einem funktionsfähigen unabhängigen Staat Palästina mit festen Grenzen ermöglicht werden. Änderungen des Grenzverlaufs oder des rechtlichen Status der Stadt Jerusalems können nur Ergebnis politischer Verhandlungen sein. Deutschland muss die USA überzeugen, im Quartett mitzuarbeiten und seine führende Rolle umsichtig einzunehmen. Und es gibt auch Hoffnungen: Die jüngsten Annäherungen Israels mit mehreren Ländern der arabischen Welt könnten konstruktiv in die Vermittlungen für deeskalierende Maßnahmen und auch Friedensgespräche eingebunden werden.

Die Bundesregierung kann zudem als einer der größten Geber in den Palästinensischen Gebieten politische Schritte ergreifen, die dazu beitragen, dass die Verhandlungen von Erfolg gekrönt sind. Allen voran muss sie sicherstellen, dass Entwicklungshilfe für Bildungsprojekte der Jugend ausgegeben wird, damit sie sich nicht weiter radikalisiert. Die wachsende Zustimmung zur Hamas verdeutlicht, wie wichtig das ist.

Die schrecklichen Bilder aus Israel zeigen, dass der Schein von Normalität, der vor allem in der coolen Weltmetropole Tel Aviv entstehen kann, trügt. Israel ist nach wie vor umgeben von Feinden und umringt von terroristischen Organisationen, die das kleine Land am Mittelmeer von der Landkarte tilgen wollen. Es waren mehrere Funken, die das Pulverfass dieses Mal zum Explodieren gebracht haben. Wenn wir uns nicht um langfristige Lösungen bemühen, wird es beim nächsten Funken wieder passieren. Ein Teufelskreis, der endlich durchbrochen werden muss.

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