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Zuständig für Nachhaltigkeit durch Innovation
KONRAD-Gastbeitrag: Die Bahn muss besser werden – und sollte nicht länger am Tropf der Steuerzahler hängen
Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Carina Konrad schrieb für die „Wirtschaftswoche“ den folgenden Gastbeitrag:
Deutschlands Bahninfrastruktur ist mehr als am Limit. 2024 wurde sogar ein Negativ-Rekord erreicht: Mehr als jeder dritte Fernzug der Deutschen Bahn war unpünktlich – und das ausgerechnet im Jahr der Fußballeuropameisterschaft im eigenen Land.
Die Probleme werden von den Verantwortlichen im Bahnkonzern erkannt und öffentlich bedauert – und trotzdem ändert sich augenscheinlich nichts. Es scheint sogar das Gegenteil der Fall zu sein: Die Qualität des Bahnverkehrs wird immer schlechter. Hier zeigt sich der Fehler, dass die Bahnreform nie konsequent zu Ende geführt wurde.
Bis heute ist die Deutsche Bahn AG ein Staatskonzern, der sich zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes befindet und der neben dem Schienennetz auch Fern-, Nah- und Güterverkehr betreibt. Intransparente Vertragsstrukturen zwischen den verschiedenen Unternehmen innerhalb des Konzerns verunmöglichen die Kontrolle und Steuerung durch Bundesregierung, Bundestag und Aufsichtsrat. Für die Verantwortlichen im Konzern ist das sogar bequem, denn wer lässt sich schon gerne vom Eigentümer ins Geschäft reinreden?
Auch eine konkrete Verantwortung für das offensichtliche Missmanagement lässt sich so nur schwer festmachen. Innerhalb des Konzerns wird immer mit dem Finger auf andere gezeigt und schlussendlich muss die Politik die Suppe auslöffeln. Bis heute vermisst man vom Bahn-Management einen überzeugenden Plan, wie aus der aktuellen Misere eine Chance werden könnte. Der permanente Verweis auf die Infrastruktur als alleiniges Übel vernebelt die vielen anderen Mängel und Fehler im undurchsichtigen System des Bahnkonzerns. Es wurde dem Vorstand aber auch viel zu leicht gemacht.
Die Deutsche Bahn muss wirtschaftlicher und wettbewerbsfähiger werden und die Erwartungen der Menschen an eine starke Schiene und einen verlässlichen Mobilitätsdienstleister erfüllen. Aber das einzige Konzept, das aus dem Bahntower gegen den Qualitätsverfall seit Jahren vorgelegt wird, ist der permanente und immer gleichlautende Ruf nach „mehr Geld“. Aber was soll die Bahn den Steuerzahler denn noch kosten?
Ein System, in dem jedes Problem mit mehr Geld zugeschüttet wird, schafft unweigerlich vor allem einen Anreiz: nichts ändern zu müssen. Das hat die Bahn erst in die Lage gebracht, in der sie steckt. Leidtragende sind die Kunden, die Steuerzahler und vor allem die Bahnmitarbeiter, die jeden Tag mit den Mängeln umgehen müssen, die sie nicht zu verantworten haben.
Im Güter- und Regionalverkehr gibt es seit vielen Jahren einen ausgeprägten Wettbewerb mit vielen unterschiedlichen Anbietern. Dieser funktioniert sehr gut. In Italien und Spanien gibt es sehr gute Erfahrungen mit einem Wettbewerb auf Augenhöhe auch im Personenfernverkehr – zum Wohle der dortigen Kunden.
Ein Aspekt, der nicht unterschätzt werden darf, ist auch die dadurch gewonnene Unabhängigkeit von der Politik. Solange der Bahnbetrieb im Eigentum des Bundes ist, werden Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker immer bei Bahntaktungen, Fernverkehrshalten oder der Preispolitik mitreden wollen und damit den Konzern mit den verschiedenen, teilweise widersprüchlichen Wünschen und Forderungen überfordern.
Auch das hätte endlich ein Ende und die Bahn könnte sich ausschließlich um die Kundenbedürfnisse kümmern. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass die Bahn ein Unternehmen ist, das Verkehrsdienstleistungen anbietet. Die Bahn ist kein gemeinnütziger Verein zur Selbstverwirklichung von Politikern mit zu viel Zeit und Sendungsbewusstsein.
Bundesregierung und Bundestag können sich dann voll und ganz auf die Qualität der Infrastruktur konzentrieren, die im Eigentum des Bundes verbleibt. Das würde bisherige Fehlanreize bei der Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen durch die unterschiedlichen Zuständigkeiten von Bund und Bahn abstellen.
Der Grundstein für einen solchen Wettbewerb wurde Ende 2024 bereits mit der Gründung der neuen Infrastrukturgesellschaft InfraGO gelegt. Dieser reicht aber bei weitem nicht. Der finale Schritt sollte mit der Ausgliederung dieser Gesellschaft und der Privatisierung der Betriebssparten jetzt schnell und mutig folgen. Ganz im Sinne einer besseren Bahn – für Kunden, Steuerzahler und Bahnmitarbeiter.