DÜRR-Interview: Wir brauchen Entlastungen
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr gab der „Nordwest-Zeitung“ (Freitagsausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Alexander Will:
Frage: Die FDP möchte die Unternehmenshilfen um ein Drittel kürzen. Das wirkt für mich wie aus der Zeit gefallen...
Dürr: Zurzeit wird sehr viel Geld ins Schaufenster gestellt. Mir kommt das ein wenig vor wie damals in der DDR: Im Schaufenster ist die Auslage wunderbar, wenn man dann aber in den Laden geht, wird gesagt: „Lieferzeit zwei Jahre!“ Das erleben wir auch. Die Hilfen kommen nicht an. Das Schaufenster bringt nichts, man muss gezielt helfen, wo es nötig ist. Wir haben zum Beispiel sehr dafür gekämpft, dass in den November-Hilfen auch an die Bäckerei-Cafés gedacht wird. Die haben zwar noch ihr Ladengeschäft, aber die Cafés sind zu, und die sollten ursprünglich gar nichts bekommen.
Frage: Gegenvorschlag?
Dürr: Lasst uns über Entlastungen reden! Die Unternehmenssteuern sind in Deutschland auf Rekordhöhe, die privaten Haushalte zahlen viel. Komplettabschaffung Soli, bessere Verlustverrechnung für Unternehmen – das sind Maßnahmen, die schnell wirken würden, weil wir es über das Steuerrecht machen.
Frage: Das Rezept heißt also „Steuern runter“. Nur warum soll das ausgerechnet in Corona-Zeiten wirken, wo viele kleinere und mittlere Unternehmen wegen der Umsatzeinbrüche ohnehin weniger zahlen?
Dürr: Ja, in diesem Jahr. Aber die machen doch im Moment vor allem eins: Verluste! Unser Vorschlag ist, dass man diese Verluste jetzt mit Gewinnen aus anderen Jahren verrechnen kann. Das heißt: Steuerrückzahlung. Das sind Unternehmen, die viele Jahre solidarisch mit dem Steuerstaat waren, und jetzt haben sie Anspruch, dass auch der Steuerstaat solidarisch mit ihnen ist. Das ist unser Gegenentwurf – und natürlich auch Entlastung für die privaten Haushalte. Mittelstandsbauch glätten, Soli komplett abschaffen: All das wäre wesentlich besser gewesen als eine vorübergehende Mehrwertsteuerermäßigung, die teuer war, aber faktisch verpufft ist.
Frage: Gesprochen wird nun aber auch über Steuererhöhungen, etwa einen Corona-Soli. Was halten Sie davon?
Dürr: Gar nichts. Ich erwarte da auch von der CDU/CSU, dass sie sich ganz klar äußert. Jetzt einen neuen Soli zu fordern, heißt ja nichts anderes, als dem Mittelstand in Aussicht zu stellen, dass er in Zukunft Steuererhöhungen zu erwarten hat. Auf diese Weise würde die „Bazooka“ nicht mehr als Hilfswerkzeug benutzt, sondern, um die Unternehmen anzuschießen. Das würde die mittelständischen Betriebe auch bei uns im Oldenburger Land treffen.
Frage: Egal, was der Staat tut – es kostet Geld. Müssen da nicht „starke Schultern“ die größeren Lasten tragen?
Dürr: Vor allem muss der Staat dort Lasten tragen, wo er es kann. Ich glaube, es ist für keinen nachvollziehbar, dass sich Olaf Scholz eine Rücklage von 50 Milliarden Euro hält, die sogenannte Allgemeine Rücklage, und nicht bereit ist, die einzusetzen. Es wäre sehr viel sinnvoller, die Rücklage jetzt zu nutzen, statt immer neue Schulden zu machen. Jetzt Schulden zu machen und dann Steuern zu erhöhen, ist genau die falsche Botschaft.