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Christian Dürr
Pressemitteilung

DÜRR-Interview: Viel erlauben, wenig regulieren

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr gab dem Deutschlandfunk (Freitag) das folgende Interview. Die Fragen stellte Sandra Schulz.

Frage: Wenn wir da bei dem Klimageld einsteigen, das sind ja Summen, oder da geht es um Summen, die im Prinzip auch verabredet sind, nicht die konkreten Zahlen, aber die Idee, die Bürgerinnen und Bürger entlasten sollen, die ihnen Geld in die Hand geben sollen, das sie dann vielleicht auch anderswo vielleicht in die Geschäfte tragen können. Im Moment geht es um die Infrastruktur und da ist Christian Lindner im Fokus und sein Finanzministerium. Hat er da Deutschland-Tempo?

Dürr: Ja, bei der Infrastruktur haben wir Deutschland-Tempo. Aus zwei Gründen: Einerseits stellen wir Haushaltsmittel zur Verfügung – in die Bahn beispielsweise wird da wesentlich mehr investiert, als es die Große Koalition jemals geplant hat. Und auf der anderen Seite haben wir die Planungsbeschleunigung auf den Weg gebracht. Ich denke an das große Planungsbeschleunigungspaket, was das Kabinett beschlossen hat, was am Ende Gesetzeskraft wird, mit dem Ziel, dass in Deutschland schneller und effizienter gebaut werden kann. Also sprich, dass mit den Haushaltsmitteln, die zur Verfügung stehen, dass damit mehr Infrastruktur in Deutschland errichtet werden kann. Also da haben wir Deutschland-Tempo und ich glaube bei den LNG-Terminals haben wir es auch bewiesen, dass das in Deutschland geht.

Frage: Klar, verstehe ich, dass Sie das loswerden wollten. Aber was ich eigentlich gefragt hatte, das ist ja diese Auszahlungsstruktur für das geplante Klimageld. Da steht Christian Lindner in der Pflicht. Diese Struktur: Wird die bis Ende des Jahres da sein? Das meine ich mit Deutschland-Tempo.

Dürr: Das Ziel ist, dass ab 2025 dieser Auszahlungsmechanismus zur Verfügung steht. Jetzt muss man ganz kurz sagen, was der Hintergrund eigentlich ist, Frau Schulz. Es ist ja so, dass der Staat selbst Einnahmen aus dem sogenannten Emissionshandel bekommt. Der Emissionshandel hat das Ziel sehr marktwirtschaftlich die CO2-Bepreisung zu machen. Da regelt nicht der Staat, sondern in Zukunft hoffentlich die Preise, also der Markt. Das funktioniert im Stromsektor schon sehr, sehr gut. Aber wir sagen, wir wollen das, was da an Einnahmen ist, auch an die Bürger zurückerstatten. Und darauf haben wir uns geeinigt. Anders als die Große Koalition wollen wir ein Rückerstattungsmechanismus für die Menschen in Deutschland haben für alle und da stand leider die Auszahlungsinfrastruktur nicht zur Verfügung, weil der Bund selbst direkt nicht auf die ganzen Daten zurückgreifen kann. Über die Steuer-ID ist es eine Möglichkeit. Ist nicht ganz so trivial, wie man es sich erhoffen könnte in Deutschland. Aber da ist das Finanzministerium ja dran, also das soll rückerstattet werden. Die Große Koalition, das will ich noch kurz sagen, hatte so etwas niemals geplant. Und wir bleiben ja mit der CO2-Bepreisung, die jetzt das Kabinett beschlossen hat, mit 40 Euro pro Tonne ab dem kommenden Jahr, ja unter dem, was noch die Regierung von Frau Merkel vorhatte. Das waren 45 Euro, also insofern ein moderaterer Anstieg und dafür kommt dann aber dann im Jahr 2025 das Klimageld zur Auszahlung.

Frage: Genau. Und genau darauf zielt meine Frage ab, 2025. Das ist ja vier Jahre nach der Bundestagswahl. Sie haben es sich Ende 2021 vorgenommen. Eigentlich eine Idee wäre doch zwei Jahre für so ein Projekt, für eine leistungsbewusste FDP, einen leistungsbewussten FDP-Minister. Warum ist das zu knapp?

Dürr: Ja, wenn es in Deutschland so einfach wäre mit der Steuerverwaltung, dann hätten wir es schon längst und sehr, sehr gerne gemacht. Wir haben das ja schon bei den Auszahlungen während der Energiekrise gesehen. Das ist sehr, sehr kompliziert in Deutschland, direkt den Menschen Geld zu überweisen, weil der Staat diese Daten leider schlicht nicht hat. Es gab null digitale Infrastruktur dafür. Das muss leider erst aufgebaut werden. Andere Länder sind da seit vielen Jahren schon viel weiter. Ich wäre da auch gerne weiter gewesen, aber da muss man offen sagen, hat Deutschland in den letzten 15 Jahren geschlafen und das müssen wir jetzt aufholen. Das machen wir aber wesentlich schneller, als es jemals zuvor geplant war. Wie gesagt, die Große Koalition hatte einen solchen Mechanismus gar nicht geplant.

Frage: Okay, aber 2024 zum Start, wenn ja auch die nächste Steigerung kommt, da kommt die Entlastung jedenfalls noch nicht. Das können wir jetzt so festhalten.

Dürr: Das Ziel hat das Finanzministerium ja gestern geäußert. Das Ziel ist 2025, sodass wir weniger Steigerung bei den Preisen haben. Also die Große Koalition hätte die Menschen Deutschland mehr belastet. Wir machen den Pfad aber geringer, aber entlasten dann ab 2025 direkt und das war gar nicht vorgesehen. Ich will das einfach nur zur Fairness ergänzen.

Frage: Okay, ich bleib noch mal bei diesem Zeit Topos. Wir sprechen jetzt ja zur Hälfte ungefähr der Sommerpause. Im Bundestag geht es Anfang September weiter. Wenn Sie jetzt auf die Wirtschaftsdaten schauen, haben Sie die Zeit?

Dürr: Also das Eine ist ja das, was Sie gerade sagen, nämlich die Erstattung der CO2-Belastung gerade für die privaten Haushalte in Deutschland. Aber worüber wir ja zurzeit reden, ist der Wirtschaftsstandort. Wie stärken wir die Wirtschaftskraft unseres Landes? Und da gibt es zwei Denkschulen. Das ist ja vorhin in Ihrem Gespräch mit der Kollegin schon deutlich geworden. Die einen sagen, wir brauchen mehr komplizierte Subventionsprogramme und dann wird das schon. Das war aus meiner Sicht die Politik der Großen Koalition und das war am Ende nicht erfolgreich für Deutschland. Deutschland ist ja nicht im letzten Jahr in den Wettbewerbsrahmenbedingungen zurückgefallen, sondern bereits in den letzten 15 Jahren. Deswegen sagen wir sehr klar, es braucht Bürokratieabbau, es braucht Technologieoffenheit oder mit anderen Worten: viel erlauben und wenig regulieren. Wir machen das genau jetzt schon. Technologieoffenheit, wir haben ja im letzten Monat viel über das Heizungsgesetz gesprochen. Da lassen wir mehr Technologien zu, als ursprünglich geplant waren. Die waren in Deutschland teilweise verboten. Wir machen die Planungsbeschleunigung. Ich erwähnte das vorhin. Wir machen jetzt ein Wachstumschancengesetz des Bundesfinanzministers mit direkten, auch steuerlichen Entlastungen für Unternehmen. Also kurzum: Es macht ja viel mehr Sinn, den Standort unbürokratischer zu machen, attraktiver für Investitionen, dass es sich mehr lohnt, in Deutschland Arbeitsplätze zu schaffen und Umsatz zu machen, als dass man mit Steuerzahlergeld sozusagen die nicht so guten Rahmenbedingungen versucht zu übertünchen in Form von Subventionsprogrammen. Es sind zwei Denkschulen und wir sind da sehr klar auf die marktwirtschaftliche Denkschule aus und die ist ja auch international erfolgreich.

Frage: Ja, aber wenn Sie über die Rahmenbedingungen sprechen, dann ist ja momentan, was die Industrie ja auch anmahnt, ein ganz großer Standortnachteil im Moment einfach der Energiepreis. Sie kennen die Argumentation. Im Moment ist das besonders schwierig, weil einfach Deutschland als vorher besonders abhängig von russischen fossilen Brennträgern noch unter diesem Energie-Schock steht. Da muss man jetzt, so lautet die Argumentation, eine Brücke bauen, bis dann die Erneuerbaren nachziehen. Ihr Ansatz läuft ja darauf hinaus, naja wir gucken jetzt mal, wird schon irgendwie gehen. Wenn die Industrie dann weg ist, was machen Sie dann?

Dürr: Mitnichten, Frau Schulz. Ich will heftig widersprechen. Das ist nicht der Ansatz der Freien Demokraten. Der Ansatz der Freien Demokraten, ich erwähnte es vorhin, ist Bürokratieabbau beispielsweise zu machen. Der Bundesjustizminister schlägt 400 Punkte vor, wo man Bürokratie konkret runterschrauben kann, auch unter das Niveau, was die Vorgängerregierungen jemals hatten, also Deutschland attraktiver zu machen. Wie gesagt, das ist auch der Weg, der international erfolgreicher ist. Steuerliche Entlastung. Ich bin sehr gerne bereit und höre ja erste positive Signale von den Grünen, auch bei den Abschreibungen mehr zu machen, dass es wirklich attraktiver wird hier zu investieren und bei der Energiepolitik technologieoffener zu sein. Wir haben beispielsweise die Wasserstoffstrategie, die viel mehr erneuerbare Energie nach Deutschland bringt, aber günstiger, durch günstigere auch internationale Importe, also nicht nur national zu denken und unter Umständen dann den Strompreis nach oben zu bringen, durch rein nationale erneuerbare Produktion, sondern günstige erneuerbare Energie zu importieren, damit der Standort attraktiv ist und wir als Exportnation wieder aufblühen können. Das ist doch viel sinnvoller gedacht, als einfach zu sagen: Na, die Strompreise steigen halt, weil wir immer mehr Erneuerbare haben. Die alten Kraftwerke gehen vom Netz, die günstigen Kraftwerke, dann wird es halt teuer und das zahlt der Steuerzahler oder eben die mittelständische Wirtschaft, denn von einem Industriestrompreis würden ja nur einige wenige profitieren. 

Frage: Wobei wenn die Industrie dann weg ist, ist für den Mittelstand vielleicht auch nicht ganz so gut. Stichwort Zuliefererbranche. 

Dürr: Die Industrie investiert nicht für zwei oder drei Jahre. Die Industrie investiert für eine langfristige Perspektive. Das ist übrigens auch der Grund für Investitionen in den Vereinigten Staaten. Das sagen mir ganz vielen Unternehmen. Es ist nicht dieser Inflation-Reduction-Act. Der ist der Anlass. Aber der eigentliche Grund sind genau, wie Sie sagten Frau Schulz, die günstigeren Energiepreise und da müssen wir hin. Da haben wir ja umgesteuert, auch bei der Energiepolitik. Ich habe das Heizungsgesetz erwähnt und ich habe insbesondere die Wasserstoffstrategie erwähnt, die dazu führen wird, dass man mehr günstig importieren kann, die Rahmenbedingungen besser werden. Hilft übrigens auch den Privathaushalten.

 

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