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Christian Dürr
Pressemitteilung

DÜRR-Interview: Leistungen für ausreisepflichtige Migranten kürzen

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr gab der „Augsburger Allgemeinen“ (Samstagsausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten Bernhard Junginger und Stefan Lange.

Frage: Herr Dürr, es scheint, als gebe es für die FDP gerade nur noch das Thema Migration – versucht Ihre Partei, sich mit einem neuen Knallhart-Image selbst aus dem Sumpf der jüngsten Wahlschlappen und Umfragepleiten zu ziehen?

Dürr: Nein, denn die Wahrheit ist doch, dass Deutschland die letzten zwei, drei Jahrzehnte eine katastrophale Migrationspolitik gemacht hat. Wir haben Migration in die sozialen Sicherungssysteme erlebt und gleichzeitig zu wenig Einwanderung in den Arbeitsmarkt. Genau da müssen wir das System vom Kopf auf die Füße stellen. Das ist der Grund, warum wir in der Koalition ein modernes Einwanderungsgesetz durchgesetzt haben. Jetzt freuen wir uns sehr darüber, dass das, was die FDP seit vielen Jahren sagt, auch das Anliegen des Kanzlers und der Bundesregierung insgesamt geworden ist. Es hat die Menschen rasend gemacht, dass in Deutschland alles Mögliche geregelt ist, es aber bei der Migration keine echte Ordnung gibt. Zu dieser Ordnung müssen wir jetzt kommen.

Frage: Am Montag treffen sich Bund und Länder, um über genau dieses Thema zu beraten. Was ist aus Sicht der FDP konkret nötig?

Dürr: Der allererste Schritt ist die Einführung von Bezahlkarten, die an die Stelle von Bargeldleistungen treten. Der Bund hat dafür schon alle rechtlichen Voraussetzungen geschaffen. Die Länder, und das ist meine klare Erwartungshaltung an alle 16 Ministerpräsidenten, müssen nun erklären, dass sie Bargeldauszahlungen an irreguläre Migranten ein- und auf Bezahlkarten umstellen. Denn wir müssen endlich dieses perfide System aus Schleppern und Schleusern auf der einen Seite und den Geldtransfers in die ehemaligen Heimatländer auf der anderen Seite durchbrechen.

Frage: Und wenn sich die Länder weigern?

Dürr: Dann müssen wir in der Regierung über die zukünftige finanzielle Unterstützung im Bereich Migration nachdenken.

Frage: Können Sie mit den Bezahlkarten verhindern, dass Sachen eingekauft, anschließend verkauft und dann dieses Geld in die Heimatländer verschickt wird?

Dürr: Natürlich kann man nicht verhindern, dass Gegenstände wieder verkauft werden. Aber das gilt ja auch, wenn beispielsweise Zahnbürsten und T-Shirts ausgegeben werden. Die Hürde ist bei Sachleistungen jedoch um ein Vielfaches höher als bei Bargeld. Außerdem kann man die Bezahlkarten so programmieren, dass sie nur für bestimmte Geschäfte gültig sind, etwa für Lebensmittel.

Frage: Es gibt in Ihrer Partei Forderungen nach einer generellen Senkung der Leistungen für Geflüchtete, die keine Bleibeperspektive haben. SPD und Grüne melden Bedenken an. Hat sich der Vorstoß damit erledigt?

Dürr: Wenn wir auf andere EU-Länder schauen, dann nehmen dort die Leistungen ab, wenn Menschen ausreisepflichtig, aber trotzdem noch im Land sind, weil die Abschiebung nicht vollzogen werden kann. Das müssen wir uns anschauen. Ich halte es nur für recht und billig, wenn diejenigen, die keine Perspektive in Deutschland haben, dann auch weniger haben. Ein längerer Verbleib in Deutschland darf nicht mit zusätzlichen Leistungen des Sozialstaats honoriert werden.

Frage: Das klingt ziemlich hart.

Dürr: Es muss ja nicht immer zum Äußersten kommen: Wer keine Bleibeperspektive hat und ausreisepflichtig ist, kann von sich aus das Land freiwillig verlassen.

Frage: Ihr Parteichef Christian Lindner hat gesagt, dass Asylbewerbern, für deren Schutz laut Dublin-Verordnung andere Länder zuständig wären, die Leistungen auf null gekürzt werden sollten – bis auf die Kosten für die Ausreise. Solche Rückführungen scheitern bislang daran, dass die Länder an den EU-Grenzen Flüchtlinge gar nicht mehr registrieren, sie praktisch nach Deutschland durchwinken.

Dürr: Wir müssen wieder zu einem fairen System der Verteilung in Europa kommen. Deutschland kann nicht alle Migranten aufnehmen. In Zukunft müssen Asylverfahren deshalb an den Außengrenzen stattfinden und nicht mehr mitten in der Europäischen Union. Das heißt auch, dass die Staaten an den Außengrenzen, also beispielsweise Griechenland und Italien, Schnellverfahren in Asylzentren vornehmen und es dann zu einer weiteren Verteilung kommt. Das ist die europäische Dimension.

Frage: Wie ist die deutsche?

Dürr: Auf nationaler Ebene heißt das, dass wir die Konsequenzen ziehen und mit Nachdruck dafür sorgen sollten, dass das Verfahren in den Ländern stattfindet, wo es begonnen wurde. Das hat die letzten Jahre nicht stattgefunden, weil die Merkel-Regierung es nicht aktiv betrieben hat.

Frage: In der Ampel sind zuletzt einige liberale Vorstöße in der Migrationspolitik am Widerstand der Grünen gescheitert. Ricarda Lang und Winfried Kretschmann haben nun eine Kehrtwende hin zu einem härteren Vorgehen vollzogen. Halten Sie das für glaubwürdig?

Dürr: Wir brauchen nach jahrelangem Regierungsversagen mit der Union an der Spitze andere Antworten auf den Flüchtlingszuzug. Mein Eindruck ist, dass die Grünen das mehr und mehr verstehen.

Frage: Apropos Union. Der Kanzler hat zur Vorbereitung des MPK-Treffens mit dem CDU-Vorsitzenden Merz sowie mit CSU-Landesgruppenchef Dobrindt gesprochen. Ist die FDP über solche Treffen informiert, ist sie indirekt involviert, oder läuft das ohne sie?

Dürr: Wir sind als Teil der Bundesregierung immer beteiligt. Darüber hinaus ist es sehr wichtig, dass die Union hier an Bord ist, denn sie ist angesichts ihrer Politik in der Vergangenheit auch in der Pflicht. Wir korrigieren in der Ampel gerade Fehler aus der Vergangenheit, und damit meine ich nicht nur das Jahr 2015. Auch davor und danach hat es immer wieder starke irreguläre Migration in unsere Sozialsysteme gegeben. Das muss sich ändern.

Frage: Wie?

Dürr: Wir müssen uns so benehmen wie moderne Einwanderungsländer, Kanada beispielsweise. Dort bedeutet Migration vor allen Dingen Einwanderung in den Arbeitsmarkt und nicht in die sozialen Sicherungssysteme. Das müssen wir für Deutschland auch hinbekommen. Wir haben es hier mit einem gesellschaftspolitischen Großkonflikt zu tun und sollten die Chance nutzen, diesen parteiübergreifend zu lösen.

Frage: Gehen Sie davon aus, dass es am Montag eine Einigung geben wird? Es dürfte wieder ums Thema Geld gehen. Die Länder wollen mehr, Bundesfinanzminister Lindner sagt, es gebe nichts zu verteilen.

Dürr: Was die Finanzen angeht, beobachte ich, dass diese Stimmen aus den Ländern nicht mehr so laut sind. Es setzt sich die Einsicht durch, dass die Zahlen runter und nicht die Leistungen des Bundes nach oben geschraubt werden müssen. Wenn wir weniger Flüchtlinge haben, dann reduziert sich entsprechend die finanzielle Belastung für Länder und Kommunen, und das ist der erste Schritt.

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