DÜRR-Interview: Bei Heizungen keine Technologien verbieten
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr gab der „Mediengruppe Bayern“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Thomas Vitzthum:
Frage: Wieder straucheln Banken. Stehen wir vor einer Bankenkrise?
Dürr: Wir stehen nicht vor einer Bankenkrise. Die Sicherungsmechanismen sind heute bessere als vor 15 Jahren. Die Spareinlagen sind sicher, das hat auch der Bundeskanzler bekräftigt. Und die deutschen Banken sind stabil.
Frage: Die Europäische Zentralbank hat die Leitzinsen trotz Bankenbeben erhöht. Ist das nachvollziehbar?
Dürr: Die EZB ist unabhängig und der Geldwertstabilität verpflichtet. In den vergangenen Jahren hatte man oft das Gefühl, dass die Geldwertstabilität keine Priorität hatte. Das hat sich glücklicherweise geändert. Die Stabilität des Geldes ist unglaublich wichtig für das Vertrauen in die Volkswirtschaft und Haushalte. Das zu ignorieren, weil einzelne Banken schlecht gewirtschaftet haben, wäre ein großer Fehler.
Frage: Wie viel Vertrauen haben Sie noch in die EU-Kommission?
Dürr: Ich habe das Gefühl, dass die Kommission gerade beim Klimaschutz zu engstirnig unterwegs ist. Die Kommission braucht auch eine Zeitenwende. Sie ist manchmal noch in der alten Welt verhaftet und glaubt, mit Verboten und neuen Schulden die Gemeinschaft voranbringen zu können. Aber wir sind uns doch einig, dass wir aus Europa einen Raum des Erfolgs, des Wohlstands und der Innovation machen wollen.
Frage: Die Kommission prüft nicht, ob E-Fuels in Verbrennern nach 2035 eingesetzt werden können. Im Rahmen der Reform des Stabilitätspakts will sie mehr Schulden erlauben. Geht sie zu weit?
Dürr: Die Kommission kann nicht von sich aus sagen, dass mehr Schulden gemacht werden können. Dazu bräuchte es einen Beschluss der Mitgliedstaaten. Mehr Schulden wären aber falsch, weshalb Finanzminister Christian Lindner hinter die Reform des Stabilitätspakts ein Fragezeichen gesetzt hat. Wir dürfen die Schuldenkriterien nicht aufweichen. Ich würde mir wünschen, dass die CDU darüber mit ihrer Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht. Ich erwarte, dass sie die finanzielle Solidität wieder ernster nimmt.
Frage: Das Verbrenner-Aus blockieren Sie und den Stabilitätspakt. Ist Deutschland noch verlässlich?
Dürr: Deutschland ist verlässlich. Das erwarte ich auch von der Kommission. Wir haben mit ihr vereinbart, dass der Verbrennungsmotor auch nach 2035 verkauft werden kann, wenn er klimaneutral betrieben wird. Wir sind auf klimaneutrale Kraftstoffe angewiesen, um die Bestandsflotte damit zu betreiben. Ich verstehe daher nicht, warum die EU-Kommission diesen Weg bisher versperrt. Wir brauchen alle Technologien, um Klima und Wohlstand zu retten. Dafür erhalten wir immer mehr Zustimmung unter den Mitgliedstaaten und bei einer breiten Mehrheit der deutschen Bevölkerung.
Frage: Verboten werden sollen auch neue Öl- und Gasheizungen. Wirtschaftsminister Robert Habeck hat ein Hilfsprogramm zugesagt. Das soll sich am Einkommen orientieren. Wie stehen Sie dazu?
Dürr: Ich habe den Eindruck, dass das Konzept einer Einkommensorientierung der geplanten Hilfen für den Einbau von neuen Heizungen nicht ausreichend durchdacht ist. Ich habe die Sorge, dass ein solches Unterstützungsregime ungerecht wird. Einzelne Technologien krass zu subventionieren und andere nicht, hätte darüber hinaus gefährliche Effekte. Wenn die Bundesnetzagentur erklärt, Wärmepumpen müssten abgeschaltet werden, weil die Netze überlastet sind, muss ich das doch ernst nehmen. Wir sollten bei Heizungen keine Technologien verbieten, sondern nur Vorgaben zur CO2-Neutralität machen. Es kann doch bald Gasheizungen geben, die mit Wasserstoff betrieben werden können. Wir haben eine halbe Million Kilometer Gasleitungen, die können wir nicht verrotten lassen.
Frage: Die Ampel hat ein Wahlrecht beschlossen. Die Regel wird gestrichen, dass eine Partei in den Bundestag einzieht, die mindestens drei Direktmandate erhält, auch wenn sie unter der Fünf-Prozent-Hürde bleibt. Das könnte die CSU trotz vieler Direktmandate den Einzug kosten. Ist das fair?
Dürr: Sie sprechen die Grundmandatsklausel an, die es übrigens im bayerischen Landtagswahlrecht nicht gibt. Diese Klausel wurde von der Union selbst als verfassungswidrig identifiziert. Also streichen wir sie. Die Union hatte zudem gebeten, dass der Bundestag nicht nur 598, sondern 630 Abgeordnete hat. Darauf sind wir eingegangen. Ich bin sehr offen dafür, dass wir das Wahlgesetz noch insofern überarbeiten, indem wir Listenverbindungen erlauben. Dann wäre die Fünf-Prozent-Hürde für die CSU kein Thema mehr. Wenn sie dies ablehnt, weil sie das als Angriff auf ihre Eigenständigkeit versteht, kann ich ihr nicht helfen. Immer nur Nein zu sagen beim Wahlrecht ist keine Option. Mit dieser Einstellung würde der Bundestag nie kleiner werden, weshalb alle Reformen in der Vergangenheit an der CSU gescheitert sind.
Frage: Unterstützen Sie mit dem Wahlrecht eine Kanzlerkandidatur von Markus Söder? Der hat nun ein Argument mehr zu sagen, die CSU muss stark werden?
Dürr: Markus Söder würde es gefallen, wenn wir uns ständig Gedanken über ihn machen würden. Tun wir aber nicht. Söder und die CSU sind nicht Bayern, so wie die Linkspartei auch nicht der Osten ist. Im Übrigen wundert es mich, wie ramponiert das Selbstbewusstsein ist. Die CSU muss halt gute Politik machen. Dann dürfte die Fünf-Prozent-Hürde kein Problem sein.