Dr. Marco Buschmann
Pressemitteilung

BUSCHMANN/WISSING-Gastbeitrag: Der Weg aus der Krise

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Dr. Marco Buschmann und der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Dr. Volker Wissing schrieben für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Samstagsausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Deutschland steckt in einer historischen Wirtschaftskrise. Die Konjunktur ist um fast 10 Prozent eingebrochen. Doch von einem klaren Fahrplan der großen Koalition fehlt nach wie vor jede Spur. Stattdessen treiben drei Sozialdemokraten den Bundeswirtschaftsminister vor sich her: Der Finanzminister verteilt Subventionen wie die pauschale Ausweitung des Kurzarbeitergelds. Die Justizministerin verlängert Ausnahmen vom ordnungspolitischen Zwilling Haftung und Verantwortung wie die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Der Arbeitsminister macht sich Ideen zu eigen, die Rückkehr zu mehr Wachstum könne durch weniger Arbeit gelingen wie durch die Einführung einer Viertagewoche.

Statt eines vorgezogenen Wahlkampfs braucht Deutschland jedoch einen vernünftigen Fahrplan aus der Krise. Die Corona-Krise war ein Schock. Daher erforderte die akute Phase eine zügige Stabilisierung des Wirtschaftskreislaufs. Manches war hier richtig, etwa das Kurzarbeitergeld. Manches verpuffte, wie die temporäre Mehrwertsteuersenkung. Manches war misslungen, wie der Umgang mit Solo-Selbständigen. Doch der Blick zurück und die Verteilung von Kopfnoten sind jetzt nicht das Entscheidende. Die Messe ist gelesen.

Die zentrale politische Aufgabe der akuten Phase ist neben der Stabilisierung, möglichst schnell wieder eine Brücke in die geordneten Bahnen der Sozialen Marktwirtschaft zu bauen. Teile des politischen Spektrums wollen eine endlose Verlängerung dieser Phase. Sie wollen sie benutzen, um die Soziale Marktwirtschaft dauerhaft außer Kraft zu setzen. Sie offenbaren dadurch, wie wenig sie unserer erfolgreichen Wirtschaftsordnung vertrauen.

Andere Teile des politischen Spektrums wollen die akute Phase zum Dauerzustand machen, weil er ihnen scheinbar freie Hand bei Interventionen des Staates in die Wirtschaft gibt: Zückerchen hier, Subvention dort. Ziel ist die Befriedigung von Einzelinteressen zum Zweck der Stimmenmaximierung bei der nächsten Bundestagswahl. Stattdessen sollten wir jetzt der Wahrheit ins Auge blicken und die Aufgabe guter Politik erkennen: Die staatlichen Eingriffe in die Wirtschaft müssen so schnell wie möglich und mit aller Konsequenz zurückgefahren werden. Sie waren kurzfristig sehr hilfreich, mittel- bis langfristig aber werden sie sehr schädlich sein. Ein Schmerzmittel ist kein Heilmittel.

Der Akut-Phase muss zeitnah eine Comeback-Phase folgen. Unsere Soziale Marktwirtschaft braucht eine Rehabilitation. Die wirtschaftlichen Kräfte müssen wiederaufgebaut und gestärkt werden. Eine künstliche Ernährung rettet in bestimmten Situationen Leben, aber auf Dauer hält man sie nicht aus. Unternehmen fangen wieder an zu investieren, Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen steigen. Damit dieses zarte Pflänzchen nachhaltig wächst, müssen Unternehmen nachhaltig wettbewerbsfähig sein. Bald beginnt ein globaler Wettlauf um ein schnelles Comeback. Jede Volkswirtschaft wird versuchen, ihre Stärken auszuspielen. Für eine Exportnation wie Deutschland heißt das, dass sich unsere Unternehmen auf verschärften Wettbewerb einstellen müssen.

Bereits vor Corona haben andere Volkswirtschaften viel für die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen getan. Die Vereinigten Staaten, China oder Frankreich haben die Belastungen substantiell reduziert. Wenn wir wieder mithalten wollen, muss Deutschland zügig nachziehen. Gefragt ist dann die gesamte Palette angebotsorientierter Wirtschaftspolitik: Entlastung von Steuern, Sozialabgaben und Bürokratie. Konkret heißt das vor allem Abschaffung des Mittelstandsbauchs und des Soli, eine Senkung der Unternehmenssteuern und ein Bürokratie-Entlastungsgesetz, das den Namen verdient.

Nach dem Comeback kommt die Phase einer neuen Normalität. Wichtig ist, dass es am Ende nicht die alte wird. Die Lernerfahrungen der Corona-Krise müssen wir für eine dauerhaft krisenfestere Aufstellung nutzen. Es geht um mehr als nur raus aus der Krise. Dazu gehören spezifische Themen der Pandemie: Bevorratung von Schutzkleidung oder die Digitalisierung von Meldewegen. Es geht aber auch um neue Formen des Arbeitens, die unabhängig von einer Pandemie die Lebensqualität und Arbeitsproduktivität erhöhen können. Die besten Beispiele sind Homeoffice und Solo-Selbständige. Darauf ist unser ganzes Arbeits- und Sozialrecht, das in den tradierten Bahnen der industriellen Vollzeitbeschäftigung denkt, nicht vorbereitet. Daran muss sich schnell etwas ändern. Beide Elemente der digitalen Wissensgesellschaft eröffnen Perspektiven für mehr Lebensqualität und Produktivität zugleich.

Eine weitere Säule jener neuen Normalität nach einer Krise muss der Abbau der Staatsverschuldung sein. Das mögen einige altmodisch finden. Es ist in Wahrheit hochmodern. Deutschland konnte enorme Finanzmittel über den Kapitalmarkt beschaffen, um die ersten Einschläge der Krise abzumildern. Das lag an seiner guten Schuldentragfähigkeit. Sie wirkt wie die unbelastete Immobilie eines Mittelständlers: Gerät er in die Krise, beleiht er die Immobilie und kommt über die Bank an Liquidität. Trägt er die Schulden aber nicht ab, wenn die Geschäfte wieder besser laufen, steht ihm dieser Weg in der nächsten Krise nicht mehr offen.

Was für den Mittelständler gilt, das gilt auch für seriöse Staatsfinanzen. Wir leben in einer Zeit, in der die Politik alle zehn Jahre mit einer großen Herausforderung rechnen muss: um die Jahrtausendwende die Dotcom-Krise und der 11. September, nach 2007 die Finanz- und Euro-Krise, jetzt die Corona-Krise. Wir wissen nicht, was die künftige Herausforderung sein wird und wann sie genau kommt. Aber wir wissen, dass sie kommen wird. Daher ist neben mehr Wettbewerbsfähigkeit die Sicherung der Schuldentragfähigkeit durch planvolle Reduzierung der neu aufgenommenen Staatsschulden eine der wichtigsten Aufgaben, um die Handlungsfähigkeit unseres Staates zu sichern.

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