BUSCHMANN-Interview: Das pauschale Beherbergungsverbot muss fallen
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Dr. Marco Buschmann gab dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Mittwochsausgaben) das folgende Interview. Die Fragen stellte Tobias Peter:
Frage: Herr Buschmann, hilft das Beherbergungsverbot in seiner derzeitigen Form im Kampf gegen Corona?
Buschmann: Ein pauschales Beherbergungsverbot hilft kaum im Kampf gegen Corona. Wir kennen nur wenige Infektionsketten, die sich auf Übertragungen in Hotels zurückführen lassen. Zugleich greift das Verbot tief in die Freiheit der Reisenden und der Beherbergungsbetriebe ein. Es ist daher unverhältnismäßig.
Frage: Das Beherbergungsverbot gilt nur für diejenigen, die aus Risikogebieten kommen.
Buschmann: Die Definition eines Risikogebietes ist so gefasst, dass demnächst vermutlich jeder deutsche Ballungsraum, jede deutsche Großstadt darunter fällt. Leider ist ein Wettlauf um möglichst viele Maßnahmen statt um die effektivsten Maßnahmen entbrannt. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch gefährlich. Denn es kann die Bereitschaft der Bevölkerung untergraben, bei Maßnahmen gegen die Pandemie mitzumachen. Das pauschale Beherbergungsverbot muss daher fallen.
Frage: Am Mittwoch treffen sich die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin. Welches Signal, welche Maßnahmen erwarten Sie konkret?
Buschmann: Wir sollten wegkommen von der Logik des „Viel hilft viel". Vielmehr muss es um möglichst wirksame und zielgenaue Maßnahmen gehen. Es muss auch Schluss sein mit der Verordnungspolitik der Regierungschefs. Die hat immer wieder zu Schildbürgerstreichen geführt. Nur die konsequente Einbeziehung der Parlamente kann sicherstellen, dass die Themen aus allen Perspektiven betrachtet werden.
Frage: Was wären denn die von Ihnen geforderten zielgenauen Maßnahmen?
Buschmann: Die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin müssen endlich zu besseren Teststrategien kommen, indem sie auch unkonventionelle Wege nutzen. Es muss zum Beispiel darum gehen, auch die Kapazitäten von Tiermedizinern verstärkt für PCR-Tests zu nutzen. Das sind Fachlabore – und schnelle und zuverlässige Testungen sind ein gutes Mittel, um die Pandemie zu bekämpfen und so viel normales Leben zu ermöglichen, wie es nur geht.
Frage: Reicht das aus, um die zweite Welle zu stoppen und einen weiteren Lockdown zu verhindern?
Buschmann: Wir müssen die wirklich wirksamen Maßnahmen auch entschlossen durchsetzen. Die Maskenpflicht und die Beschränkungen für private Ansammlungen im öffentlichen Raum sind längst nicht so Realität, wie es sein müsste.
Frage: Brauchen wir mehr einheitliche Regeln in Deutschland?
Buschmann: Wir brauchen einheitliche Kriterien, ab denen man mit bestimmten Maßnahmen rechnen muss. Denn nur so können Menschen den Überblick behalten. Bei den konkreten Maßnahmen muss das Vorgehen konsequent regional sein.
Frage: Was halten Sie von der Idee, im Kampf gegen die Pandemie die Winterferien zu verlängern und dafür die Sommerferien zu verkürzen?
Buschmann: Der Vorschlag, die Winterferien zu verlängern, beruht auf der Annahme, dass wir im Sommer nächsten Jahres die Pandemie überstanden haben. Das weiß aber niemand – und deshalb ist es auch ein Vorschlag, der nicht weiterhilft. Wir dürfen die Schulzeiten nicht immer weiter verkürzen. Das führt zu einer noch stärkeren sozialen Spaltung zwischen denen, die zu Hause gut gefördert werden können, und denen, die auf den Unterricht in der Schule besonders angewiesen sind. Wir sollten uns jetzt darauf konzentrieren, die Lehrer für den Fall der Fälle für den Digitalunterricht endlich fit zu machen.
Frage: Im Winter gibt es nun mal größere Probleme damit, Klassenräume zu belüften.
Buschmann: Dafür gibt es mittlerweile technische Lösungen wie Filtersysteme. Darüber wird kaum gesprochen. Stattdessen geht alle Last auf die Familien. Denn Eltern können ihre Urlaubsplanung nicht im Wochentakt ändern. Wir müssen die Pandemie so bekämpfen, dass die Menschen es mit ihrem Leben vereinbaren können. Sonst verlieren wir ihr Vertrauen, und das ist das wichtigste Mittel im Kampf gegen Corona.