TONCAR-Gastbeitrag: Die Erfolge von Draghis Geldpolitik sind nebulös
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Dr. Florian Toncar schrieb für die „Nordwest-Zeitung“ (Samstagsausgabe) den folgenden Gastbeitrag:
Die expansive Geldpolitik des ehemaligen Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, mit Nullzinsen und dem Ankauf von Staatsanleihen hat enorme Probleme verursacht: Es gibt keine Zinsen mehr, und die Immobilienpreise gehen durch die Decke. Das ist eine Gefahr für die Vermögensbildung und Altersvorsorge der Mitte unserer Gesellschaft.
Diese Versorgungslücke wird die Politik noch Jahrzehnte beschäftigen, gleiches gilt für die Risiken im Finanzsystem: Die EZB hat so viel Geld in den Markt gepumpt, dass sie kaum noch Pulver in Reserve hat, um auf eine Wirtschaftskrise reagieren zu können. Ihre Bilanz hat sich in Draghis Amtszeit nahezu verdoppelt, auf gut 4,6 Billionen Euro. Damit steigt die Abhängigkeit der EZB von den Schuldnern. Eine Notenbank muss aber unabhängig sein und darf sich nicht erpressbar machen.
So gravierend die Risiken und Nebenwirkungen von Draghis Geldpolitik sind, so nebulös sind ihre Erfolge: Seine Anhänger argumentieren, er habe den Bestand des Euro gesichert. Das ist reine Spekulation. Viel spricht dafür, dass er eher dabei geholfen hat, die gravierenden Probleme im Euroraum zu verschleppen und zu verschlimmern.
Seit Draghis Versprechen, alles Nötige zu tun, um die Währungsunion zu sichern, hoffen die Regierungen Europas lieber auf billiges Geld, als Strukturprobleme anzugehen. Heute sind wir alle Gefangene dieser Geldpolitik. Die Staaten und die Finanzmärkte sind süchtig nach billigem Geld.
Unklar ist, ob eine Normalisierung überhaupt ohne Verwerfungen gelingen kann. Sicher ist nur: Der Entzug wird kompliziert und langwierig. Selbst wenn das alles gut gemeint war – dafür kann es kein Bundesverdienstkreuz geben.