LINDNER-Statement: Die Menschen im Land brauchen eine Perspektive
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner gab nach der Fraktionsklausur folgendes Statement ab:
„[…] Es sind drei politische Komplexe, die für uns im Zentrum stehen: Erstens sind wir die Kraft des Werts der Freiheit und die Anwälte unserer freiheitlichen Grundordnung in Deutschland. In der Pandemie erleben wir, dass bewährte Verfahren, dass die Beteiligung des Parlaments geringgeschätzt wird. Grundrechte, die uns garantiert sind durch unsere Verfassung, werden in der politischen Debatte zu Sonderrechten und Privilegien umgedeutet. Deshalb ist unser Arbeiten darauf gerichtet, den Menschen zu ermöglichen, ihre Grundrechte zu verwirklichen. Und wir wollen an unserer parlamentarischen Demokratie festhalten, in deren Zentrum eben der Deutsche Bundestag, in dem die Landtage stehen. Also schnellstmöglich aus diesem politischen Ausnahmezustand wieder in eine Situation zu kommen, in der die Menschen ihre Grundrechte verwirklichen können und die normalen parlamentarischen Abläufe gepflegt werden. [...] Zum Zweiten sorgen wir uns jenseits der aktuellen Bekämpfung des Virus um die wirtschaftliche Situation. Die schnellstmögliche Erholung unserer wirtschaftlichen Basis zu sichern, ist deshalb eine zweite Priorität. Wir müssen auch durch die Pandemie durchschauen und sehen, dass auf der Weltbühne sich vieles verändert, dass wir mitten in einer technologischen Transformation stehen. Und deshalb müssen die Grundlagen unseres Wohlstands insgesamt neu begründet werden. […] Heißt ganz konkret, dass wir die Standortbedingungen für Deutschland pflegen wollen, dass wir nicht auf Subventionen und Programme und Progrämmchen setzen, sondern eher auf die Entfesselung von Erfindergeist, auf die Anerkennung von Leistungsbereitschaft und die Bereitschaft, unternehmerische Risiken zu tragen. […] Und der dritte Komplex ist die Modernisierung unserer Gesellschaft und des Staates nicht nur hinsichtlich der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltungen und der Schulen, der Infrastruktur, sondern auch hinsichtlich sozusagen der Software unserer Gesellschaft. Wir haben im Gesellschafts- und Familienrecht viele Fragen, die schon seit längerer Zeit eigentlich einer Beantwortung harren. Jetzt in den Zwanzigerjahren müssen wir uns in bestimmten familienrechtlichen Fragen, weil die Lebenssituationen sich verändert haben, moderneren Antworten öffnen. […] Die Positionierung der Freien Demokraten haben wir bestätigt in den Koordinaten Freiheit der Menschen sichern, wirtschaftliche Entwicklung stabilisieren, Staat und Gesellschaft modernisieren. Das sind die drei großen Stränge, an denen die Fraktion der Freien Demokraten in diesem Jahr arbeiten will. […]
Die Menschen im Land brauchen eine Perspektive. Wir können das Land nicht dauerhaft im jetzigen Lockdown halten. Es muss den Menschen vermittelt werden, was die nächsten Schritte sind, was jede Einzelne, jeder Einzelne unternehmen kann, damit wir aus dieser beklemmenden Situation herausfinden. Den Stufenplan, den die Landesregierung von Schleswig-Holstein vorgelegt hat, halten wir für vorbildlich. […] Wir sind in großer Sorge hinsichtlich der Kinder und Jugendlichen. Hier droht für viele der Verlust des Anschlusses. Die Familien sind mit den Nerven fertig. Neue Durchhalteparolen bringen hier nichts. Wir brauchen jetzt Schritte, die dafür sorgen, dass Kitas und Schulen geöffnet werden können. Frau Merkel verlangt viele Opfer und die Menschen sind sehr diszipliniert und einsichtig. Nur jetzt ist die Politik am Zug, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Kitas und Schulen schnell öffnen können. Luftreiniger, prioritäres Impfen für Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher, andere Raumprogramme, also die leeren Kino- und Hotelsäle nutzen auch für Präsenzunterricht. Es muss jetzt sehr kurzfristig eine Öffnung von Kitas und Schulen geben. Noch acht bis zehn Wochen, um den Terminplan von Herrn Spahn in Erinnerung zu rufen, können die Familien nicht durchhalten. Hier droht ein massiver Schaden für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Und deshalb wollen wir uns nicht mit dem Appell an Geduld zufrieden geben, sondern hier muss der Staat handeln. [...]
Es gab einen Versuch in der vergangenen Woche von einem politischen Mitbewerber, an der Schuldenbremse manipulieren zu wollen. Dem haben wir uns bereits argumentativ entgegengestellt. Wir glauben, dass der Staat seine Subventionen, sein Ausgabenverhalten, seine Programme kritisch prüfen muss. […] Was wir brauchen, ist eine Inventur der Staatsaufgaben und dann eine Politik, die auf Wachstum setzt. Wir werden unsere Haushalte nur dann stabilisieren können, wenn die Menschen beschäftigt sind, wenn gute Gehälter gezahlt werden, wenn die Unternehmer gute Produkte auf den Weltmärkten verkaufen, Gewinne erzielen, die hier ordentlich versteuert werden. Das ist der Weg raus aus der Schuldensituation [...] Und wie erreichen wir das? […] Natürlich durch einen Staat, der die guten Rahmenbedingungen setzt, der klug investiert in Infrastruktur, der sich zurückhält bei ineffizienten Subventionen, der steuerliche Entlastung organisiert. […] Wir wollen deshalb die Schuldenbremse nicht aufweichen, sondern wir wollen sie weiterentwickeln. […] Und deshalb wollen wir die Schuldenbremse ausweiten auf die Sozialversicherungen und im Übrigen möchten wir die zusätzlichen Zahlungsverpflichtungen, die unser Land auf der europäischen Ebene eingeht aufgrund etwa des EU-Aufbaufonds, ebenfalls mit durch die Schuldenbremse erfassen. Denn das sind Risiken, die unser Land trägt, auch wenn sie jetzt nicht im nationalen Haushalt aktiviert sind, sondern auf der europäischen Ebene abgesichert werden. […]
Es war noch nie eine gute Idee, dass 16 Länder in der Schulpolitik immer wieder das Rad neu erfinden. Das hat die Mobilität der Menschen, das hat auch die Vergleichbarkeit der Abschlüsse, die Vergleichbarkeit der Leistungsanforderungen sehr stark beeinträchtigt. Zugleich haben wir uns den großen Zukunftsherausforderungen nicht stellen können, nämlich insbesondere derjenigen, dass die Bildungserfolge, dass der ganze Lebensweg immer noch sehr stark von der Herkunft […] abhängt. Die Zusatzprogramme, die wir in den vergangenen Jahren geschnürt haben auch und mit Unterstützung der Opposition wie den Digitalpakt Schule, die sind zu träge und die Verbesserungen kommen bei den Familien in Wahrheit in der Praxis nicht an. Und deshalb wollen wir unseren Bildungsföderalismus, dieses teilweise gegeneinander zwischen Bund und Ländern und gegeneinander auch unter den Ländern, ersetzen durch ein Kooperationsgebot. Es muss gesamtstaatliche Aufgabe sein, das Bildungssystem zu verbessern und alle Beteiligten, die Bundesregierung, die 16 Länder, auch die kommunale Ebene, sind gehalten zu kooperieren. […]“