LINDNER-Statement: Große Koalition hat Chance auf echten Neustart in der Klimapolitik versäumt
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner gab zum Klimakabinett folgendes Statement ab:
„Die Bekämpfung der Erderwärmung ist eine Menschheitsaufgabe, die man nicht mit einer hektischen Flickschusterei, die man nicht mit Klein-Klein beantworten kann. Die Große Koalition hat leider die Chance versäumt, einen echten Neustart in der Klimapolitik unseres Landes zu erreichen. Es gibt keinen klaren Ordnungsrahmen, es gibt keine Anreize für mehr Erfindungsreichtum. Es gibt nur ein Sammelsurium von Einzelmaßnahmen. Die Bundesregierung will offenbar das Teure mit dem Unwirksamen kombinieren. Damit kann man aber keinen wirklichen Fortschritt erreichen. Wir bezweifeln, dass mit den jetzt vorgelegten Maßnahmen die CO2-Ziele in den nächsten Jahren tatsächlich erreicht werden können. Auf der anderen Seite werden viele Millionen Menschen im Alltag merken, dass das Leben teurer wird. [...]
Wir als Freie Demokraten stehen für die Einhaltung der Pariser Klimaziele. Wir sind aber überzeugt, dass Verzicht und Askese, die Einschränkung des Wohlstands uns diesem Ziel nicht näher bringen wird. Allein schon deshalb nicht, weil uns der Rest der Welt auf diesem Weg nicht folgen wird. Wirtschaftliches Wachstum und Klimaschutz dürfen keine Gegensätze sein, beide bedingen sich geradezu. Wir fordern deshalb seit langem einen Emissionshandel über die unterschiedlichen Sektoren hinweg. Zu spät zieht die Bundesregierung nun nach. Sie bleibt aber nicht konsequent, sie verzettelt sich sogar in sich widersprüchlichem Klein-Klein. Wenn im Emissionshandel der Staat fixe Preise für CO2 festlegt, dann siegt die Plan- über die Marktwirtschaft. [...] Wir landen bei einer Art CO2-Steuer, die die Union ja angeblich nicht will. Für uns hat sich in dieser Frage die Sozialdemokratie einmal mehr durchgesetzt. Eine Steuer hat aber noch nie das besteuerte Gut zum Verschwinden gebracht. Es wird letztlich weitergemacht mit Quoten, Verboten und Subventionen statt mit einem Neustart. Das ist teuer, das ist vor allen Dingen auch ineffizient. Wir werden in den nächsten Jahren Preiserhöhungen ohne Ziel und Plan erleben. Und bedauerlicherweise macht die Große Koalition nicht das eigentlich Offensichtliche, nämlich den Innovationsmotor anzuwerfen, sie würgt ihn im Gegenteil ab. [...] Im Übrigen denkt die Große Koalition nur national. Wie bei Fukushima, wie auch in der Migrationspolitik gibt es keine europäische Einbettung und alleine der Zeitablauf zeigt, dass es auch keine Abstimmung mit unseren Partnern und Freunden in Europa gegeben haben kann. [...]
Es wäre gut gewesen, wenn die Frau Bundeskanzlerin unser Angebot aufgegriffen hätte und frühzeitig zu Gesprächen über einen nationalen Klimakonsens geladen hätte. Es ist noch nicht zu spät, wir Freien Demokraten stehen weiter für solche Gespräche zur Verfügung und würden sie auch konstruktiv führen. Ich bin überzeugt, wir brauchen einen nationalen Klimakonsens um diese Gesellschaft wieder zu befrieden. Die Reaktionen von Protestlern auf die jetzt vorgelegten Vorschläge zeigen ja, dass es nicht zu einer Beruhigung dieses gesellschaftlichen Konflikts kommen wird. Die aktuelle Diskussion auch um SUV-Fahrer und Flugscham und Fleischkonsum zeigt, dass wir auch mitten in einer kulturellen Auseinandersetzung stehen, in denen sich ganze Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufstellen. Das ist schlecht, nicht nur für die Erderwärmung und das Erdklima, sondern auch für das gesellschaftliche Klima, das wir bei dieser ganzen Diskussion nicht aus den Augen verlieren wollen.
Der Klimawandel, seine Bekämpfung ist eine die Generationen übergreifende Aufgabe. Das kann nicht ein instabiles Bündnis wie die Große Koalition alleine beschließen. Schon eine nächste Regierung, vielleicht gar im nächsten Jahr, kann dann alles wieder über den Haufen werfen. Und deshalb wäre es sinnvoll, den Menschen Berechenbarkeit und Verlässlichkeit zu geben, indem die Frau Bundeskanzlerin jetzt alle staatstragenden Parteien an einen Tisch holt, um zu einem wirklichen Neustart in der Klimapolitik zu kommen, der dann auch über den Tag, über diese Große Koalition, über die Amtszeit von Frau Merkel hinaus Bestand haben kann für die nächsten Jahrzehnte.“