LINDNER-Statement: Die arbeitende Mitte muss mehr Netto vom Brutto haben
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner gab vor der Fraktionssitzung folgendes Statement ab:
„[…] Ich will beginnen mit dem Iran. Das wichtigste Ziel in der augenblicklichen Lage ist Deeskalation durch Diplomatie. Es gibt ein Fenster der Gelegenheit durch die zurückhaltende Reaktion der Vereinigten Staaten auf die Vergeltungsschläge Teherans. Diese nur kurzfristige Entspannung muss als Chance genutzt werden, um eine größere militärische Auseinandersetzung zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran auszuschließen. Wir fordern deshalb die Frau Bundeskanzlerin und auch den Bundesaußenminister auf, die Zuschauerrolle endgültig zu verlassen. Nur diplomatische Aktivitäten vorzuspiegeln durch schöne Bilder reicht nicht. Und es reicht auch nicht, dass die Frau Bundeskanzlerin lediglich nach Moskau fährt. Die Bundeskanzlerin sollte vielmehr auch den engen Dialog in der Europäischen Union und in der NATO suchen und insbesondere schnellstmöglich nach Washington reisen. Man kann eine solche Eskalation nur durch Dialog verhindern und diesen Dialog sollte sie nicht nur nach Osten Richtung Russland führen, sondern sie muss den Dialog auch nach Westen Richtung unserer traditionellen Partner und Verbündeten, der Vereinigten Staaten suchen. Für uns hat die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr höchste Priorität. Und gleichzeitig treten wir für eine Fortsetzung der Ausbildungsmission der irakischen Sicherheitskräfte ein. […] Deshalb sind wir dafür, dass auch das Mandat der Bundeswehr für die NATO-Aufklärungsflüge in Syrien und Irak verlängert wird. […]
Es vergeht kein Tag, an dem von der neuen SPD-Spitze nicht neue Steuern vorgeschlagen werden oder Steuererhöhungen gefordert werden. Das steht in einem scharfen Kontrast zur tatsächlichen Finanzlage des Staates. Der sozialdemokratische Finanzminister hat das gestern noch einmal dargelegt. Der Bund hat einen Überschuss von 19 Milliarden Euro insgesamt erzielt. Und zum gleichen Zeitpunkt sagt die neue SPD-Chefin Frau Esken, Steuersenkungen zum jetzigen Zeitpunkt seien geradezu gefährlich. Wir sagen: Es ist gefährlich, nicht auch auf Steuerentlastung zu setzen. Denn unserem Land droht unverändert ein Wirtschaftsabsturz, wir laufen Gefahr, dass unsere Wirtschaft nicht mehr wettbewerbsfähig ist. In den vergangenen zehn Jahren ging es immer nur um die Einnahmesituation des Staates. Die Interessen der arbeitenden Mitte des Landes haben überhaupt gar keine Rolle mehr gespielt. Vom Sparerfreibetrag über den Arbeitnehmer-Pauschbetrag, der Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten, die kalte Progression bis hin zum Solidaritätszuschlag gibt es enormen Handlungsbedarf in unserem Steuersystem. Durch Untätigkeit, durch fahrlässige Untätigkeit über ein ganzes Jahrzehnt sind wir Zeugen fortwährender heimlicher Steuererhöhungen geworden. […] Wir fordern deshalb eine breitflächige Steuerentlastung nicht nur bei den Tarifen und beim Soli, sondern auch die vielen, über Jahre nicht angetasteten Pauschalen wie der genannte Sparerfreibetrag, die müssen endlich aktualisiert werden. Preise, Einkommen haben sich verändert, also muss es jetzt auch eine Anpassung bei diesen Pauschalen im Steuerrecht geben. Unser Ziel ist, dass die arbeitende Mitte im Land wirklich mehr Netto vom Brutto hat. […]
[…] Das Verhältnis gegenwärtig zwischen Regierung, aber vielleicht auch zwischen Politik und Öffentlichkeit einerseits und der Landwirtschaft andererseits ist verfahren. Und deshalb muss es einen ergebnisoffenen Dialog geben. Diesen Dialog fordern wir in einer Initiative, die wir in dieser Woche ins Plenum des Deutschen Bundestages einbringen. […] Die Landwirtinnen und Landwirte leben von ihrem Grund und Boden. Sie haben also ein natürliches Eigeninteresse an einer intakten Natur und deshalb brauchen sie endlich auch wieder verlässliche, faire Rahmenbedingungen. Rahmenbedingungen, die im europäischen Wettbewerb funktionieren und die auch naturwissenschaftliche Erkenntnisse aufnehmen. Viel zu oft wird Landwirtschaftspolitik bei uns stimmungsgetrieben gemacht. Auch die Unionsparteien haben sich von Stimmungen treiben lassen. Das zeigen die Proteste der vergangenen Wochen und Monate. Wir wollen deshalb ganz konkret die Beschlüsse zum Agrarpaket und zur Düngeverordnung aussetzen, bis gemeinsame Lösungen mit der Landwirtschaft gefunden worden sind. […]
Lassen Sie mich zuletzt noch sprechen über den Kohleausstieg, der morgen im Bundeskabinett ein Thema ist. Aus unserer Sicht wird hier das Teure mit dem Unwirksamen verknüpft. Wir steigen aus Technologien aus, ohne dass der Ausbau von energetischen Alternativen bereits genug vorangetrieben worden ist. Uns fehlen die Netze und uns fehlt auch der Ersatz. Bis zum Jahr 2030 wird Deutschland mehr Strom verbrauchen als heute. […] Deshalb möchten wir zu einem Umdenken aufrufen. Wir schlagen vor, dass wir uns an der Europäischen Union orientieren. Dort gibt es die Ankündigung, ab 2021 auf einen CO2-Marktmechanismus zu setzen. Der Markt, der am effizientesten mit knappen Ressourcen umgeht, soll in den Dienst des Klimaschutzes gestellt werden. In den vergangenen Jahren hat sich dieses Instrument in der Energie- und Klimapolitik bereits bewährt, wie auch unverdächtige Think Tanks dieser Tage in wissenschaftlichen Studien dargelegt haben. Dennoch beschreitet unser Land jetzt einen Sonderweg mit einem planwirtschaftlichen Kohleausstieg, obwohl über ein marktwirtschaftliches Instrument es ist viel günstiger möglich wäre. Es ist bezeichnend, dass Klimaforscher wie Herr Edenhofer den Kohlekompromiss der Regierung kritisiert haben, während die Energiebranche, insbesondere auch die Betreiber von Kohlekraftwerken, sich zufrieden zeigen mit dem Kohlekompromiss. Da stimmt ja was nicht, wenn Klimaforscher kritisch und die Betreiber der Kraftwerke zufrieden sind. […]“