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LAMBSDORFF-Interview: Die Gespräche sind ein Wert an sich
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff gab der „Passauer Neuen Presse“ (Samstagsausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Gernot Heller:
Frage: Ist die G20-Gruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer angesichts all ihrer Konflikte nicht eigentlich schon politisch tot?
Lambsdorff: Im Gegenteil. Die G20 ist die Staatengruppe, in der die wohlhabenden Industriestaaten mit den aufstrebenden neuen Ländern die einzigartige Gelegenheit haben, sich auf Augenhöhe über alle wichtigen Themen auszutauschen. Auch wenn man sich einmal nicht einigt, ist allein das ein Wert, der die G20 immer wichtiger macht.
Frage: Beim G20-Gipfel in Hamburg war erstmals ein Dissens – mit US-Präsident Donald Trump in der Klimapolitik – in der Abschlusserklärung festgehalten worden. Droht das auch beim Gipfel in Osaka?
Lambsdorff: Das ist durchaus möglich. Viele Länder sehen Klimaschutz nicht als vordringlich an, andere sind protektionistisch aufgestellt, im Golf von Oman steigen die Spannungen, auch im südchinesischen Meer gibt es ungelöste Konflikte. Es kann sogar sein, dass es gar keine Abschlusserklärung gibt. Und trotzdem: Selbst wenn es kein Kommuniqué gibt, ist es gut, dass man sich überhaupt trifft. Und man soll es im nächsten Jahr wieder tun, denn die Gespräche sind ein Wert an sich.
Frage: Erwarten sie beim Osaka-Gipfel Fortschritte bei großen Streitthemen, etwa zum Handelsstreit USA/China oder dem Thema Freihandel insgesamt?
Lambsdorff: Ich erwarte das eher nicht, und zwar aus dem einfachen Grund, dass Präsident Donald Trump seinerzeit als Protektionist in seinen Wahlkampf gezogen ist und nächstes Jahr wiedergewählt werden will. Abrüstung in Handelsfragen sehe ich daher eher nicht. Was allerdings schon wünschenswert wäre, wäre eine Verständigung, wie gewisse Probleme im Handel geregelt werden. Dafür wäre es wichtig, den USA klar zu machen, dass sie die Blockade bei der Besetzung von Richterstellen in der Welthandelsorganisation WTO aufgibt. Sonst droht der WTO die Lähmung. Das wäre für alle ein ernstes Problem.
Frage: Sollten die Europäer mit Partnern eine Art Mini-Welthandelsorganisation WTO ohne die USA schaffen?
Lambsdorff: Ich fände das bedauerlich. Die WTO hat den großen Vorteil, dass sie Regeln für alle festgelegt. Daher halte ich nichts davon, daneben etwas anderes einzurichten.
Frage: Was sollten die Ziele von Kanzlerin Angela Merkel für den Osaka-Gipfel sein?
Lambsdorff: Eigentlich kein Osaka-Thema, aber trotzdem wichtig ist die Auflösung der Blockade bei der Besetzungen wichtiger Positionen in der EU. Wichtig wird auch sein, ob Präsident Macrons klare Sprache zum Klimaschutz ins Kommuniqué kommt, da müsste Merkel ihn unterstützen – wenn er sie dabei unterstützt, auch den Wert des Freihandels im Text angemessen zu würdigen. Das wichtigste Ziel aber ist, den Amerikanern und den Chinesen zu verdeutlichen, dass von einem Handelskrieg am Ende niemand profitiert.