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Christian Dürr
Pressemitteilung

DÜRR/HÖNE-Gastbeitrag: Deutschland steckt in der steuerpolitischen Sackgasse

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr und der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen Henning Höne schrieben für den „Tagesspiegel“ (Sonntagsausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Die meisten von uns können sich sicher gar nicht mehr an die letzte große Steuerreform in Deutschland erinnern. Wenig überraschend, das war nämlich noch zu D-Mark-Zeiten, also vor mittlerweile 20 Jahren. Seitdem hat sich nicht viel getan.

Das liegt zum einen natürlich daran, dass Union und SPD seit der Ära Schröder grundlegende Änderungen und Steuersenkungen kategorisch abgelehnt haben. Aber darüber hinaus haben wir ein viel gravierenderes Problem. Selbst wenn solche Reformen politisch gewollt wären, ist es nahezu unmöglich, sie umzusetzen. Warum? Weil Bund und Länder sich das Aufkommen der zentralen Steuern, der sogenannten „Gemeinschaftssteuern“, teilen müssen. Dazu gehören unter anderem die Einkommen-, aber auch die Mehrwertsteuer.

Das heißt: Der Bundestag kann keine Reform alleine beschließen, weil alle steuerpolitischen Maßnahmen sich auf die Finanzen der Länder auswirken und eine Zustimmung des Bundesrats erfordern - woran sie meistens scheitern. Angesichts der immer größeren Vielfalt an Koalitionen in den Ländern scheint es schier aussichtslos, dass Bundestag und Bundesrat eine Reform gemeinsam durchbringen.

In Nordrhein-Westfalen regiert Schwarz-Gelb, in Niedersachsen eine große Koalition. In Brandenburg hat man sich zuletzt auf ein Kenia-Bündnis geeinigt - und von Thüringen ganz zu schweigen. Da ist es nachvollziehbar, dass jedes Land eigene Interessen hat und eine bundesweite Steuerreform kaum mehrheitsfähig erscheint. Das Ziel sollte also sein, die Kompetenzen in Bund und Ländern zu stärken, denn zurzeit befindet sich Deutschland steuerpolitisch in einer Sackgasse. Immer öfter tut sich erst etwas, wenn das Bundesverfassungsgericht als letzte Instanz eingreift, wie bei der Grund- und der Vermögensteuer.

Für uns ist klar: Wir müssen das undurchsichtige steuerpolitische Wollknäuel entflechten und die Gemeinschaftssteuern abschaffen, damit sowohl Bund als auch Länder ihre Handlungsfähigkeit zurückerlangen. In einer Zeit, in der es immer mehr Protektionismus und internationale Handelskonflikte gibt, ist es wichtig, als Staat auf Entwicklungen flexibel reagieren zu können. Gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Lage muss die Politik den Menschen und Unternehmen mehr Luft zum Atmen geben.

Wie kann man sich eine solch umfassende Reform des Steuerrechts nun vorstellen? Konkret könnte zukünftig das Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftssteuer vollständig dem Bund zustehen. So wäre der Bundestag in der Lage, mit einer einfachen Mehrheit umfassende Reformen dieser beiden zentralen Steuern zu beschließen. Im Gegenzug würden die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer vollständig den Ländern zustehen. Damit die Trennung der Steuern fair abläuft und keine Seite Einnahmeeinbußen hat, könnte zusätzlich eine Reihe kleinerer Bundessteuern an die Länder gehen, wie zum Beispiel die Abgaben für Tabak und Strom.

Eine solche Reform würde zu einer längst überfälligen Entflechtung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern führen. Einzig die Kontroversen um die Abschaffung des Solidaritätszuschlags haben den Bundestag seit dem Wiedereinzug der FDP 2017 endlich wieder zu einer Plattform steuerpolitischer Debatten gemacht, die es in dieser Form lange nicht gegeben hat. Die Abschaffung des Soli bedarf keiner Zustimmung des Bundesrats - wieso sollte dies für große Steuerreformen in Zukunft nicht auch gelten?

Wenn wir es schaffen, die Steuern zu trennen und zwischen Bund und Ländern ausgeglichen aufzuteilen, dann kann der Bundestag auch heute wieder das entscheidende Forum für Diskussionen über die richtige Höhe von Einkommen- und Unternehmensteuer werden. Die Länder würden durch die Abschaffung der Gemeinschaftssteuern keineswegs geschwächt. Im Gegenteil: Eine Reform würde nicht nur den systematischen steuerpolitischen Stillstand beenden, sondern den Wettbewerb verbessern und so den Föderalismus stärken.

Mit Blick auf die nie endenden Diskussionen in der Steuerpolitik ist aber ein Punkt am wichtigsten: Wenn die Zuständigkeiten bei der Steuerpolitik klar getrennt werden, bekommen die Wähler viel mehr Transparenz darüber, welche staatliche Ebene den Bürgern welche Steuern auferlegt. Das stärkt nicht nur das Vertrauen in Steuerpolitik allgemein, sondern auch das Vertrauen in unsere demokratischen Institutionen. Wir setzen uns dafür ein, diesen Wert zu erkennen und die Idee offen miteinander zu diskutieren.

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