Dr. Marco Buschmann
Pressemitteilung

BUSCHMANN-Interview: Politik der Unvorhersehbarkeit ist herber Rückschlag bei der Bekämpfung des Virus

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Dr. Marco Buschmann gab dem „RBB Inforadio“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Heiner Martin:

Frage: Dass es in die Verlängerung gehen würde, war ja eigentlich schon vor dem Treffen klar. Also der Schalte gestern zwischen Regierungschefs und der Länder und der Kanzlerin zur Frage, wie weiter in Corona Zeiten, und nun wissen wir auch wie lange. Bund und Länder haben sich ja darauf verständigt, dass die harten Einschränkungen noch bis zum 7. März gelten sollen, von wenigen Ausnahmen mal abgesehen. Eine davon: Die Friseure dürfen ab dem 1. März wieder öffnen. Marco Buschmann, Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag, hat er denn beim Friseur seines Vertrauens schon einen Termin klargemacht?

Buschmann: Nee, hab ich noch nicht. Ich diskutiere mit meiner Frau im Moment noch, ob wir nicht doch eine Haarschneidemaschine brauchen, weil es noch zu lange dauert, bis es soweit ist und die Haare auch schon relativ lang sind.

Frage: Okay, Herr Buschmann, also wie bewerten Sie denn das, was da gestern beschlossen wurde?

Buschmann: Ja, das ist schon enttäuschend. Denn die MPK hatte sich ja selbst den Auftrag gegeben, so etwas wie einen Stufenplan zu entwickeln. Das bedeutet also, Zwischenziele zu definieren und auch, ich sage mal, Öffnungssignale in Aussicht zu stellen. Das Ergebnis ist jetzt, dass es all das nicht gibt. Der wichtigste Bereich, bei den Schulen, da hat man sich ja in Wahrheit auf gar nichts geeinigt. Und bei den Friseuren hat man jetzt einer Branche, wie gesagt, ich freue mich für die, so ein Eröffnungssignal gegeben. Aber alle anderen warten nach wie vor verzweifelt auf so einen Stufenplan. Und dass es den nicht gibt, ist schon ein großer Vertrauensverlust, den die Politik der MPK damit zu vertreten hat.

Frage: Na, Sie haben Kitas, Schulen angesprochen. Die Öffnung, das ist Sache der Länder. Für Berlin, Brandenburg, aber auch für Nordrhein-Westfalen wird ja der 22. Februar genannt. Richtig so?

Buschmann: Ja, aber das Ergebnis der MPK, in der man ja die Länderpolitiken mit dem Bund koordinieren möchte, und das war ja immer der Obersatz der Kanzlerin, wir müssen ganz vieles einheitlich machen, hat ja im Prinzip aufgeschrieben, wir können uns auf nichts einigen und die Länder machen jetzt, was sie für richtig halten. Schauen Sie, das halte ich jetzt nicht für einen Beinbruch, aber es zeigt eben, dass diese MPK sich bei den ganz wichtigen Fragen eben dann doch auf nichts Substanzielles einigen kann. Und das ist natürlich schon etwas, was das Vertrauen in der Bevölkerung kostet.

Frage: Argumentiert wird ja nun in erster Linie mit den mutierten Viren, nach dem Motto: Wir waren mit Blick auf die Infektionszahlen bislang erfolgreich, lasst uns das nicht einfach wieder verspielen. Können Sie dem folgen?

Buschmann: Niemand darf die Gefahren, die von Virus-Mutationen ausgehen, unterschätzen. Aber wir sehen ja in Ländern, wie beispielsweise Großbritannien oder Irland, dass die Maßnahmen, mit denen wir arbeiten, Maske tragen, Abstand halten, Kontaktvermeidung, dass die gegen neue und alte Viren helfen. Wir dürfen uns deshalb von unserer Angst nicht lähmen lassen. Das Wichtigste um neue und alte Varianten des Virus zu bekämpfen, ist, dass möglichst viele Menschen in der Bevölkerung mitmachen bei diesen Regeln. Wenn die Politik aber so vorgeht, dass die Menschen sich immer mehr an den Kopf fassen und den Eindruck haben, da ist keine Linie erkennbar, merken, wie ihre Kräfte schwinden, dann werden wir immer mehr Leute beim Mitmachen verlieren. Und deshalb ist eine Politik der Unvorhersehbarkeit, der enttäuschten Erwartungen auch ein ganz herber Rückschlag bei der Bekämpfung von alten und neuen Virus-Varianten.

Frage: Ihr Parteifreund Wolfgang Kubicki übt ja scharfe Kritik. Ursprünglich sei der Lockdown bei einer Inzidenz im Bereich von 200 eingeführt worden. Jetzt würden die Maßnahmen nahezu unverändert bis zu einem Inzidenzwert von 35 beibehalten. Das sei ein klarer Rechtsbruch. Teilen Sie die Einschätzung?

Buschmann: Ja, es ist schwierig auf zwei Ebenen rechtlich. Einmal sagt ja unsere Verfassung, dass Grundrechtseingriffe, und um solche handelt es sich hier ja, verhältnismäßig sein müssen. Und wenn sich die Lage so entscheidend ändert, Inzidenz 200, 60, 50 oder 30, dann muss das einen Unterschied machen. Das zweite ist, in dem Infektionsschutzgesetz, so wie es die Große Koalition sich selber geschrieben hat, gibt es zwei Schwellenwerte: 50 und 35. Und es muss einen Unterschied machen, ob ich beispielsweise oberhalb von 50 oder unterhalb von 50 bin. Das ist im Gesetz so angelegt. Diesen Unterschied verwischt der MPK-Beschluss. Und es gibt noch einen Punkt: In dem gleichen Gesetz steht auch drin, dass man die Maßnahmen regionalisieren muss. Das heißt, wenn ich einen Landkreis habe mit einer sehr niedrigen Inzidenz, dann muss es einen Unterschied machen zu einem Landkreis mit einer hohen Inzidenz. Solche Unterschiede haben wir heute, trotzdem verwischt der MPK-Beschluss diese Unterschiede und das ist vermutlich rechtswidrig.

Frage: Nicht zum ersten Mal wird ja kritisiert, dass mit Blick auf Corona und Maßnahmen, die verhängt werden, am deutschen Parlament vorbei entschieden wird. Wie war das gestern?

Buschmann: Ärgerlich! Man muss sich einfach sagen, in der Vergangenheit ist ja immer argumentiert worden, wir können jetzt den Bundestag nicht erst zusammenrufen. Ich habe das schon immer für Scheinargumente gehalten, Bundestag kann ganz schnell zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Aber gestern hat die MPK parallel zum Plenum des Deutschen Bundestages getagt und es wäre kein Problem gewesen, wir haben das der Bundeskanzlerin auch angeboten, also jedenfalls meine Fraktion und auch die demokratischen Oppositionsfraktionen: Kommen Sie doch vorher ins Parlament, legen Sie dort dar, was Ihnen wichtig ist, und lassen Sie uns das dort diskutieren und gehen Sie dann im Lichte dessen, was das Parlament Ihnen mit auf den Weg gibt, gehen Sie dann in die MPK. Auf diesen Vorschlag hat die Kanzlerin nicht mal geantwortet, sie ignoriert das Parlament. Und auch das ist ein Beitrag dazu, dass die Akzeptanz in die Maßnahmen schwindet, weil die Menschen haben ja ihre Volksvertreter genau dafür gewählt, dass sie sich mit Dingen beschäftigen, die das ganze Volk angehen. Und was, wenn nicht die Pandemie, geht das Volk als Ganzes an.

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