TONCAR-Interview: Eher der nützliche Idiot Trumps
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Dr. Florian Toncar gab der „Schwäbischen Zeitung“ (Mittwochsausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Sabine Lennartz:
Frage: Herr Toncar, der Brexit-Hardliner Johnson ist gewählt. Droht Ihrer Ansicht nach jetzt ein „No Deal“-Brexit?
Toncar: Ganz klar. Johnson ist eine politische Spielernatur. Er hat sich aus taktischen, vor allem innenpolitischen Gründen in eine Lage gebracht, in der die EU keinen Spielraum hat, ihm entgegenzukommen. Es gibt ein fertig verhandeltes, faires Austrittsabkommen. Darüber wird nicht neu verhandelt werden. Die EU wird Johnson ganz sicher keine größeren Zugeständnisse machen als gegenüber Theresa May, die einen geordneten Brexit wollte. Johnson hat ja auch überhaupt kein Angebot an die EU zu machen. Ihm ging es nur darum, Premierminister zu werden.
Frage: Was bedeutet das für die deutsch-britischen Beziehungen?
Toncar: Mal sehen. Die bilateralen Beziehungen bestehen ja nicht nur aus dem Brexit, sondern wir haben zum Beispiel eine enge Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich. Großbritannien ist zudem weiterhin ein wichtiger Handelspartner. Das alles wird ja nicht über Nacht enden. Aber entscheidend ist, wie bei einem harten Brexit die Deutschen und die anderen EU-Bürger in Großbritannien behandelt werden. Davon wird das künftige Verhältnis zu Großbritannien stark abhängen. Boris Johnson sollte sich gut überlegen, wie weit er noch an der Eskalationsschraube drehen will. Ein klarer Plan ist nicht erkennbar.
Frage: Spielt bei einer möglichen Abkühlung des Verhältnisses Donald Trump eine Rolle, der nach Johnsons Wahl gesagt hat: „Er wird großartig sein?“
Toncar: Trump meint es mitnichten gut mit Großbritannien, sondern sein Interesse ist, die EU so weit wie möglich zu schwächen. Er möchte lieber an der EU vorbei mit jedem einzelnen EU-Partner direkt verhandeln. Trump glaubt, dass er auf diese Weise bessere Ergebnisse für die USA erzielt, als wenn die EU geschlossen auftritt. Da hat er natürlich recht, denn die EU hilft ja allen ihren Mitgliedstaaten, auch uns Deutschen, ihre Verhandlungsmacht auf der Weltbühne zu verstärken. Bei seinem Plan, die EU zu schwächen, hilft Trump der Brexit und nun auch Boris Johnson. Der ist wie Trump ein gnadenloser Populist, der nicht wertegebunden handelt. Johnson ist aber kein politischer Freund Trumps, sondern eher dessen nützlicher Idiot. Großbritannien selbst sollte sich von Trump nicht zu viel erwarten.