Stellv. Fraktionsvorsitzende

Zuständig für „Weltbeste Bildung für jeden“: Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Kultur und Medien

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Katja Suding
Pressemitteilung

SUDING/DÖRNER-Gastbeitrag: In die Köpfe investieren

Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding und die stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Katja Dörner schrieben für das „Handelsblatt“ (Montagsausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

In Deutschland hat die Tochter einer Krankenpflegerin deutlich schlechtere Bildungschancen als der Sohn eines Arztes. Aydin hat schlechtere Chancen als Emil und Filiz als Elisabeth. Vielerorts verlottern die Schulen, der Besuch der Schultoilette wird zum Horrortrip. Ob Eltern den dringend benötigten Ganztagsplatz bekommen, ist so, als würde man Lotto spielen. Ein Umzug zwischen zwei Bundesländern ist für Familien mit Kindern aufgrund der unterschiedlichen Schulsysteme eine große Zumutung. Den Lehrermangel merkt längst jede Schule. Und bei der digitalen Bildung sehen wir nur staunend zu, wie andere Länder ihre Schulen fit für die Zukunft machen. All das wollen wir nicht länger hinnehmen.

In jedem neuen Bildungsbericht und in jeder neuen Studie der OECD müssen wir vom mittelmäßigen Leistungsniveau lesen und davon, wie eng Bildungserfolg und soziale Herkunft in Deutschland miteinander verknüpft sind. Wir lesen, dass wir viel mehr investieren müssen – um allen Kindern die Chance zu geben, ihre Potenziale voll auszuschöpfen, und um unsere Volkswirtschaft auch künftig wettbewerbsfähig zu halten. Es ist gut, dass die Bundesregierung das Grundgesetz ändern und den Bildungsföderalismus reformieren will. Es ist schlecht, dass sie lediglich bereit ist, einen ganz kleinen Schritt zu gehen. Angesichts der großen Herausforderungen in der Bildung ist dieser ganz kleine Schritt, der kleinste gemeinsame Nenner von Union und SPD, nicht genug. Die Bundesregierung will unsere Stimmen für die Grundgesetzänderung – wir wollen mehr Qualität für unsere Schulen. Wir wollen nicht nur in Gebäude und Geräte, sondern auch in die Köpfe investieren.

Wer glaubt ernsthaft, dass es die Probleme der fehlenden Durchlässigkeit und der unzureichenden Qualität im Bildungssystem löst, wenn der Bund künftig nicht nur in finanzschwachen, sondern auch in finanzstarken Kommunen in Kabel und Beton investieren darf? Mehr beinhaltet der Vorschlag der Bundesregierung und Großen Koalition leider nicht. Das ist zu wenig.

Verwahrloste Schultoiletten zu sanieren ist zweifellos eine Frage des Mindestmaßes an Respekt vor unseren Schülerinnen und Schülern. Aber das reicht nicht. Neben der Schulsanierung müssen die Festlegung und Umsetzung von nationalen Bildungsstandards unter Beteiligung des Bundes, die Schaffung inklusiver Bildungs- und flächendeckender Ganztagsangebote und die Förderung von Schulen in benachteiligten Gebieten möglich werden. Nur so können wir die beste Bildung unabhängig vom Wohnort garantieren.

Auch die flächendeckende Infrastruktur für digitale Bildung ist überfällig, aber nicht mehr als ein erster Schritt. Durch die Öffnung unserer Verfassung für Kooperation könnte der Bund zusätzlich bei der Weiterqualifizierung von Lehrerinnen und Lehrern für die Digitalisierung helfen. Der Bund könnte dann auch in die Bildungsforschung investieren, um die Schulen und Lehrkräfte zu unterstützen. Solange das Notwendige nicht selbstverständlich ist, wird es nicht einmal in kleinen Schritten aufwärtsgehen.

Uns geht es darum, die Kooperation zwischen Bund und Bundesländern zu ermöglichen; nicht darum, dass der Bund den Bundesländern reinregiert oder gar Vorschriften macht, wie manche es befürchten oder behaupten. Bund und Bundesländer sollen in den Bereichen, die sie gemeinsam als besonders große Herausforderung erkennen, Zusammenwirken dürfen – das aber ohne Barrieren im Grundgesetz. Warum soll für die Schulen nicht möglich sein, was für Wissenschaft und Forschung längst funktioniert? Die Reform des Kooperationsverbots darf nicht von Hasenfüßigkeit, Bequemlichkeit und Befindlichkeiten geprägt sein. Die Frage, die uns alle umtreiben muss, ist: Wie können wir Bildung in Deutschland endlich entschlossen in einem gemeinsamen Kraftakt verbessern? Wie machen wir Schulen gemeinsam fit für die Zukunft?

Die Politik hat jetzt ein Zeitfenster, das sie nutzen muss. Wir haben eigene, konkrete Vorschläge für die Reform des Bildungsföderalismus auf den Tisch gelegt und sind zu konstruktiven Gesprächen und fairen Kompromissen bereit. Aber wir unterstützen kein Feigenblatt, das auf Jahre hinweg größere und entscheidendere Reformen verhindert. Wir haben das Wohl der Schülerinnen und Schüler fest im Blick und wollen die Bildungschancen aller Kinder entscheidend verbessern. Es muss sich endlich etwas bewegen in der deutschen Bildungspolitik. Wir müssen alle Potenziale für bessere Bildung ausschöpfen und brauchen dafür eine gesamtstaatliche Kraftanstrengung von Kommunen, Ländern und Bund.

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