Erster Parlamentarischer Geschäftsführer

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung

Bettina Stark-Watzinger Johannes Vogel
Pressemitteilung

STARK-WATZINGER/VOGEL-Gastbeitrag: Ein Fünf-Punkte-Programm für ein Land von Eigentümern

Das FDP-Fraktionsvorstandsmitglied Bettina Stark-Watzinger und der arbeitsmarkt- und rentenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Johannes Vogel schrieben für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Freitagsausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Spätestens seit der Veröffentlichung von „Why Nations Fail“ von Daron Acemoglu und James Robinson sollte allen klar sein: Das Recht auf Eigentum ist keine Ansammlung dürrer Paragrafen, sondern zentral für den menschlichen Fortschritt. Es prägt den Unterschied zwischen wohlhabenden und armen Nationen, entwickelten Staaten und Failed States maßgeblich mit. Eigentum, das ist für viele einzelne Menschen auch Aufstiegsanreiz, fördert die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung, sichert Lebensläufe gegen Risiken ab und bildet oft eine wichtige, wenngleich gewiss nicht die einzige Stufe auf der verwinkelten Treppe zum eigenen Glück.

Die Eigentumsgarantie im Westen könnte zudem künftig auch wieder einen wichtigen Unterschied ausmachen im Systemwettbewerb mit China, der hierzulande von vielen noch immer sträflich unterschätzt wird. Dort sind nicht nur politische und gesellschaftliche Freiheit nicht existent. Auch Leistung wird wieder zunehmend durch Loyalität ersetzt und der Staatseinfluss in den Unternehmen massiv ausgebaut. Das zeigt zum Beispiel das Schicksal von Jack Ma, der öffentlich mundtot gemacht wurde und sich auch massiver Einschränkung seiner wirtschaftlichen Freiheit ausgesetzt sieht. Anders als in den vergangenen 40 Jahren ist auch materielles wie geistiges Eigentum vor Übergriffen staatlicher Willkür immer weniger sicher. Präsident Xi Jinping hat die Natur des Regimes der Kommunistischen Partei so verändert, dass womöglich früher oder später auch die Fundamente des beeindruckenden wirtschaftlichen Erfolgs in China unterminiert werden.

Die Betonung der Bedeutung der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes bedeutet im Umkehrschluss nicht, die Bedingungen für die Bildung von Eigentum aus dem Blick zu verlieren. Diese Fairnessdebatte ist wichtig, aber große Teile der politischen Linken in Deutschland ziehen daraus leider den völlig falschen Schluss und verlieren so Grundlagen unserer Wirtschaftsordnung aus dem Blick. Wenn etwa die SPD in der Wohnungspolitik nicht den Hamburger Erfolgsweg, sondern die Anfänge des Berliner Irrwegs in ihr Bundestagswahlprogramm aufnimmt, ist das ein Fehler. Wenn die Grünen darüber diskutieren, den vor dem Bundesverfassungsgericht gescheiterten Berliner Mietendeckel in ihr Bundestagswahlprogramm aufzunehmen und in Berlin allen Ernstes Konzerne enteignen wollen, zeigt das die Gefahr, dass der vermeintliche „Kurs der Mitte“ nach der Bundestagswahl in eine steile Linkskurve münden könnte. Substanzbesteuerungsfantasien sind ein weiteres Beispiel für mangelnden Respekt vor dem Grundrecht auf Eigentum, zumal eine solche Steuer gerade unsere mittelständisch geprägte Struktur von Familienunternehmen hart träfe. Wundern muss man sich auch, wie schnell aus den Impfhelden von BioNTech für manche die angeblich böse Pharmalobby wurde, deren Patentrechte angeblich das Problem der globalen Impfstoffversorgung seien.

Was auch Liberale zutiefst umtreiben muss, ist die Frage, ob wirklich jeder und jede auch mit kleinem oder mittlerem Einkommen die Chance hat, sich in Deutschland Eigentum aufzubauen. Die Vermögensschere geht zu weit auseinander, das ist ebenso Fakt wie ein Problem. Aber die Antwort der Politik darf nicht sein, darüber nachzudenken, wie große Vermögen klein gemacht werden können, sondern kleine Vermögen möglichst groß. Fünf Dinge wären zu tun:

Erstens: Entlastung. Wir müssen endlich dafür sorgen, dass von kleinen und mittleren Einkommen am Monatsende überhaupt genug übrig bleibt, damit etwas angespart werden kann. Abgesehen von Belgien belastet kein anderes Industrieland kleine und mittlere Einkommen stärker als Deutschland. Gerecht geht anders.

Zweitens: Wohneigentum. Kaum etwas macht so unabhängig und krisenfest wie das eigene Haus oder die eigene Wohnung. Deshalb brauchen wir nicht nur bezahlbaren Wohnraum zur Miete, sondern es darf auch der Traum von den eigenen vier Wänden kein exklusives Privileg von Spitzenverdienern sein. Wir wollen aus diesem Grund einen Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer einführen, weil allein dieser schon für viele junge Familien das Eigenkapital für die Finanzierung auffrisst. Ein weiterer wichtiger Baustein könnte die neue Idee des „sozialen Wohnungskaufs“ darstellen, mit dem Mieter zu Eigentümern werden. Bei einem solchen Mietkaufmodell wären neben einem Tilgungskostenzuschuss auch Vorfinanzierungsansätze überlegenswert. Singapur macht Ähnliches vor, warum erproben wir das nicht in Deutschland? Die FDP in Nordrhein-Westfalen strebt ein Modellprojekt an, das bundesweit Schule machen könnte. Offensiven für mehr Bauland und ein Genehmigungsturbo wären weitere Maßnahmen, den Weg zum eigenen Heim zu erleichtern.

Drittens: Mitarbeiterbeteiligung. Gerade Start-ups können talentierte junge Mitarbeiter anfangs zwar oft mit einer zündenden Idee und der damit verbundenen Hoffnung auf spätere Gewinne begeistern, nicht aber mit hohen Gehältern in der Startphase. Intelligente und steuerlich attraktive Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung böten hier die Chance, angesichts rasant wachsender neuer Wirtschaftsfelder wie der Digitalisierung zugleich auch eine ganze neue Generation von Beschäftigten aufzubauen, die Miteigentümer ihres Unternehmens sind. Die revolutionäre Transformation der Wirtschaft hätte so eine geradezu revolutionäre Transformation der Eigentumsverhältnisse zur Folge – nur eben in einem ordnungspolitischen Rahmen und nicht, wie sich das linke Revolutionäre gemeinhin vorstellen.

Viertens: Aktiensparen leichter machen. Deutschland hat trotz Niedrig- oder sogar Negativzinsen den Aufbruch in ein Zeitalter noch vor sich, in dem mehr Sparer über langfristig angelegte Aktiensparpläne Anteile an Unternehmen und damit an den weltweiten Produktivitätszuwächsen der Wirtschaft erwerben. Wir müssen deshalb die Aktienkultur stärken. Wer als Kleinsparer ein Wertpapier länger hält, um etwa für das Alter vorzusorgen, sollte nach dieser Spekulationsfrist den Veräußerungsgewinn steuerfrei erhalten. Außerdem muss der Sparerpauschbetrag für Dividendeneinkommen erhöht werden.

Fünftens: Gesetzliche Aktienrente nach schwedischem Vorbild einführen. Auch jene, die bisher noch nicht von Aktien profitieren konnten, sollen an der Produktivität der Weltwirtschaft partizipieren und Anteilseigner globaler Unternehmen werden können. Deshalb schlagen wir vor, dass ein Teil des Rentenbeitrags der ersten Säule in einen Aktienfonds eingezahlt wird, der – sofern es der Beitragszahler nicht anders will – wie in Schweden von Experten als Non-Profit-Fonds im öffentlichen Auftrag gemanagt wird. Einen solchen Fonds empfehlen nicht nur die Verbraucherzentralen. So schaffen wir zugleich stabile Renten- und Staatsfinanzen.

Das Recht auf Eigentum zählt zum Kitt einer Gesellschaft. Wir wollen dafür sorgen, dass dies auch nach der Wahl so bleibt – und endlich daran gearbeitet wird, dass wir ein Volk von Eigentümern werden.

Immer informiert - unser Presseverteiler

Jetzt anmelden

Mit unserem Newsletter bleiben Sie informiert