LINDNER-Statement: Taskforce zur Test-Strategie ist Beleg für Managementversagen
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner gab zu den Corona-Beratungen folgendes Statement ab:
„Gestern hat die Bund-Länder-Runde intensiv und offensichtlich auch kontrovers beraten. Wer gehofft hatte, dass am Ende eine neue Pandemie-Politik steht, wurde allerdings enttäuscht. Es gibt nun einen Stufenplan, das ist richtig. Dieser Stufenplan ist allerdings keine klare Perspektive auf Öffnung, sondern er ist in sich kompliziert und seine Stufen sind viel zu ambitioniert gestaltet, als dass sich kurzfristig im Alltag der Menschen etwas verändern würde. Schon heute wäre es möglich, mit Masken und den entwickelten Hygienekonzepten zum Beispiel im Handel und in Teilen der Gastronomie verantwortungsvoll zu öffnen. Es wäre geradezu notwendig, auf Grundrechtseingriffe zu verzichten, wenn der Gesundheitsschutz auch durch andere, mildere, intelligente Maßnahmen erreicht werden kann. Die Abwägung, die unverändert vom CDU-geführten Kanzleramt vorgenommen wird, ist einseitig. Wir haben gesundheitliche Risiken, die niemand relativieren darf, die man auch angesichts der Mutation nicht unterschätzen sollte. Aber es gibt auch enorme soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Risiken. Soziale Risiken wegen der Situation in den Familien, wirtschaftliche Risiken wegen der vielen Menschen, die um ihre wirtschaftliche Existenz bangen, und gesellschaftliche Risiken, weil die Akzeptanz der Maßnahmen in der Bevölkerung nachlässt. […] Aus unserer Sicht empfehlenswert wäre gewesen, ausgewogen die noch bestehenden gesundheitlichen Risiken in den Blick zu nehmen, aber eben auch zu erkennen, dass die jetzige Situation von den Menschen viel und oft zu viel abverlangt […] Ein ganzes Land wird jetzt weitgehend im Stillstand gehalten, wegen der Orientierung auf eine einzige Zahl. Die Inzidenz […] gibt allerdings nichts mehr eine klare Lagebeurteilung zur Situation dieser Pandemie. […] Wir benötigen eine Orientierung auf regionale Parameter wie die Inanspruchnahme des Krankenhauses, die Zahl der schweren Erkrankungen und Sterbefälle, die Frage, wer sich infiziert, welche Bevölkerungsgruppe es ist, wie intensiv vor Ort getestet worden ist, ob die Neuinfektionen an einer Stelle in einem Betrieb etwa ausbrechen oder dynamisch und nicht nachvollziehbar. Erst auf der Grundlage dieser verschiedenen Parameter ist es und wäre es dann möglich, präzise auch einen Stufenplan am Pandemiegeschehen zu orientieren. Die Zahl 50er-Inzidenz hat heute in der Politik eine geradezu fetischartige Bedeutung erlangt. Sie war eine Erfindung, weil sie nur den damaligen Stand der Nachvollziehbarkeit von Infektionsketten beschrieben hat. […] Aus unserer Sicht wäre schon jetzt möglich, mit klugen Hygienekonzepten weitgehende Öffnungen außerhalb der Hotspots zu verantworten. Deshalb ist es nachvollziehbar, dass der Handel heute sehr klagt, auch die Innengastronomie klagt, der Tourismus, die Kultur, dass sie bei dieser Bund-Länder-Runde nicht hinreichend berücksichtigt worden sind. Insgesamt ist Deutschland zu stark noch fixiert auf die Politik des ‚Wir bleiben zu Hause‘ und zu wenig ambitioniert wieder gesellschaftliches Leben möglich zu machen. Ein wichtiger Baustein für eine andere Pandemie-Politik wäre fraglos die Ausweitung des Testens. Dänemark und Österreich zeigen uns, was dort möglich ist […] Dass am gestrigen Tag noch eine neue Taskforce zur Test-Strategie eingesetzt werden musste, das ist Beleg für ein Managementversagen innerhalb der Bundesregierung. Es ist letztlich auch ein Misstrauensvotum gegenüber dem Bundesgesundheitsminister, der die Verantwortung für die Beschaffung von Masken, Impfstoffen und auch für die Beschaffung von Tests übernommen hatte. Dass Deutschland jetzt wieder von anderen gezeigt bekommt, was eigentlich bei entschlossenem Handeln möglich ist, das verursacht in Deutschland zu großen sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schaden, als eigentlich mit entschlossenerer Politik, mit einem besseren Management möglich gewesen wäre. Hier ist dringende Aufklärung erforderlich, warum nicht in hinreichender Weise in den letzten Wochen und Monaten agiert worden ist. Leider reiht sich diese Enttäuschung bei der Beschaffung von Tests ein in vorherige Versäumnisse bei den innovativen Maßnahmen, die jenseits des Lockdowns die Pandemie bekämpfen.“