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LAMBSDORFF-Interview: Trump will keinen Krieg gegen den Iran
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff gab „NDR Info“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Liane Koßmann:
Frage: Es ist offensichtlich nicht die schlechteste Strategie, die Erwartungen im Vorfeld möglichst klein zu halten, um sie dann später zu übertreffen. Sollte dies der Plan des französischen Präsidenten für den G7-Gipfel in Biarritz gewesen sein, dann ist er aufgegangen. Dass sich Emmanuel Macron und US-Präsident Donald Trump am Ende in den Armen liegen, hätte wohl kaum jemand erwartet. Und Macron hat es geschafft, Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen zwischen den USA und Iran im Streit über das Atomabkommen zu bringen. Donald Trump jedenfalls erklärte, er sei unter Umständen zu einem Treffen mit dem iranischen Präsidenten Rohani bereit. Wie bewerten Sie diesen Fortschritt, ist das ein Erfolg für die Europäer, allen voran für Emmanuel Macron?
Lambsdorff: Das muss man so sagen. Macron hat hier politisch die Führung in Europa übernommen und er hat aus einer starken Position heraus es dann tatsächlich vermocht, den amerikanischen Präsidenten dazu zu bringen, zu erklären, er sei bereit, den Präsidenten des Iran zu treffen. Das ist, wenn man sich die Geschichte der amerikanisch-iranischen Beziehungen der letzten Jahrzehnte anschaut, nicht nur vor dem Hintergrund des Atomabkommens, wirklich bemerkenswert und ein großer Erfolg für Macron.
Frage: Der Handlungsspielraum ist ja jetzt geschaffen worden, aber wie weit trägt das? Bislang haben die Iraner ja kein Einlenken gezeigt und auch die USA weigern sich ja, der Forderung Teherans nachzukommen, Erdöl zu exportieren.
Lambsdorff: Sie haben völlig recht, also das ist ein Anfang, das ist noch lange nicht ein Treffen, das ist noch lange keine Absprache über weiteres Vorgehen, das ist noch lange keine Befriedung der Situation. Vergessen wir nicht, dass ja vom Iran unterstützte Gruppen auch ständig Israel angreifen, also unseren westlichen Verbündeten in der Region. Es ist also nach wie vor eine schwierige Situation. Dennoch: Dass es grundsätzlich die Bereitschaft gibt, jetzt miteinander zu reden und dass das öffentlich gemacht worden ist, das ist in der Diplomatie der erste Schritt und was jetzt an einzelnen weiteren Schritten danach folgt, das werden wir sehen, aber Macron hat eines klar gesehen: Donald Trump will keinen Krieg gegen den Iran, er will eine maximale Eskalation, aber eben ohne den Schritt hin zu einer kriegerischen Auseinandersetzung, anders als das Vorgänger von ihm im Irak beispielsweise oder in Afghanistan gemacht haben und das heißt, er musste irgendwann zur Diplomatie zurückkehren. Macron hat genau das ausgenutzt und so ist die von Ihnen eben erwähnte Bewegung entstanden.
Frage: Die Europäer haben ja immer gesagt, wir brauchen kein neues Atomabkommen, das alte ist gut und daran sollten wir festhalten. Donald Trump, der US-Präsident wollte aber ja immer ein neues. Wie interpretieren Sie das, wenn Macron jetzt sagt, es brauche längere Laufzeiten, bessere Kontrollmechanismen. Wird es da möglicherweise doch zu einem neuen Abkommen kommen?
Lambsdorff: Ja, schauen wir mal. Das sind ja jetzt die ersten Schritte. Wir Europäer waren in der Vergangenheit ja, was das Atomabkommen angeht, relativ zufrieden, da haben Sie Recht. Wo wir nicht zufrieden waren, und das haben wir mit den Amerikanern auch geteilt, diese Sicht der Dinge, ist der Blick auf das iranische Raketenprogramm, das ja eine konkrete Bedrohung für zahlreiche Staaten in der Region ist; und auch nicht auf die iranische aggressive Politik in der Region, das heißt, in Syrien beispielsweise, sich an die israelische Grenze heranzuarbeiten, die Organisationen wie der Islamische Jihad im Gaza-Streifen oder die Hisbollah im Süden des Libanon ausnutzen, um Israel zu beschießen. Also die Regionalpolitik und das Raketenprogramm müssen mit in den Blick genommen werden und wenn man dann noch Änderungen am Atomabkommen erzielen kann und das Ganze ergibt ein Gesamtpaket, dann wäre das tatsächlich ein Durchbruch. Aber ich will hier auch deutlich für die Hörerinnen und Hörer sagen: Das wäre der Idealfall. Ob wir da hinkommen, steht völlig in den Sternen. Dennoch, wie gesagt, ein erster Schritt war dieser G7-Gipfel und deswegen, lassen Sie mich das vielleicht auch noch sagen: Es ist ja ein bisschen in Mode gekommen, dieses Format G7 für überflüssig zu erklären. Ich glaube, genau das, was wir hier gerade diskutieren, zeigt, dass solche Formate wie G7 eben entscheidend und wichtig sein können.
Frage: Danach wollte ich Sie gerade noch fragen. Jetzt konnte man ja auch den Eindruck gewinnen, dass der US-Präsident Donald Trump am Ende geradezu Gefallen gefunden hat an diesem G7-Gipfel, er hat sich kompromissbereit gezeigt, auch beim Thema Handelsstreit mit China, da sieht er neue Lösungsmöglichkeiten, auch im Gespräch mit der Bundeskanzlerin war er im Ton ausgesucht freundlich, das ist ja auch nicht ganz selbstverständlich. Wie lange wir diese Liebe zum G7-Format andauern?
Lambsdorff: Also, eine Schwalbe macht noch keinen Frühling. Der amerikanische Präsident bleibt vermutlich so erratisch, wie er es in den letzten Jahren seiner Amtszeit auch war. Dennoch: Im nächsten Jahr ist er ja selber der Gastgeber dieses Formats und ich glaube, dass schon daher ein gewisses Interesse am Erfolg des Formats da ist. Vergessen wir nicht: Es hat auch zwischen Japan und den USA eine Annäherung gegeben, das war positiv, es hat eine Absprache über Sicherheit in Afrika, in der Sahel-Zone gegeben zwischen Deutschland und Frankreich, das war positiv und der polternde brasilianische Präsident hat unter dem Druck der öffentlichen Aufmerksamkeit, die Macron bei G7 erzielt hat, angefangen, die Waldbrände im Amazonas zu bekämpfen, also eine ganze Reihe von positiven Entwicklungen. Und wenn die Amerikaner das positiv beurteilen und im nächsten Jahr selber Gastgeber sind, dann kann man darauf hoffen, dass vielleicht im nächsten Jahr auch gute Ergebnisse erzielt werden.