Stellv. Fraktionsvorsitzender

Zuständig für „Freiheit und Menschenrechte weltweit“: Auswärtiges, Angelegenheiten der Europäischen Union, Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Verteidigung, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Tel: 030 227 78360
Alexander Graf Lambsdorff
Pressemitteilung

LAMBSDORFF-Interview: Bringt uns einer Lösung des Konflikts nicht näher

Der stellvertretende FDP-Fraktionvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff gab „rnz.de“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Andreas Herholz:

Frage: Herr Lambsdorff, wieder eine Kehrtwende in der amerikanischen Nahostpolitik – die USA sieht die israelische Siedlungspolitik im Westjordanland nicht mehr als völkerrechtswidrig an. Wie bewerten Sie diesen Kurswechsel?

Lambsdorff: Erstens unterstützt Präsident Trump damit Premierminister Netanjahu in einer innenpolitischen Krise. Die Regierungsbildung gestaltet sich in Israel sehr schwierig und er will ja unbedingt Regierungschef bleiben. Zweitens passt das außenpolitisch in die aktuelle Salami-Taktik der amerikanischen Nahostpolitik. Statt wie angekündigt eine umfassenden Friedensplan für die Region vorzulegen, folgt eine Maßnahme auf die nächste. Und drittens liegen die USA völkerrechtlich mit ihrer Entscheidung falsch. Die Siedlungen sind mit Völkerrecht nicht in Einklang zu bringen.

Frage: Die EU wird sich dieser Linie nicht anschließen und bekräftigt, dass die Siedlungsaktivitäten illegal sind. Wie lässt sich der Konflikt jetzt entschärfen?

Lambsdorff: Die Tatsache, dass sich mit den USA der bisher wichtigste Vermittler im Nahostkonflikt eindeutig auf eine Seite stellt, bringt uns einer Lösung des Konflikts nicht näher. Deswegen muss die EU jetzt mehr Einfluss in der Region nehmen und das Gespräch mit den Konfliktparteien suchen. Berlin und Brüssel müssen sich konzeptionell stärker einbringen. Gleichzeitig müssen Länder wie Ägypten, Jordanien oder auch Saudi Arabien eingebunden werden.

Frage: Israel reagiert erfreut auf die amerikanische Entscheidung. Regierungschef Benjamin Netanjahu spricht von einem historischen Tag. Wird der Konflikt mit den Palästinensern jetzt weiter eskalieren?

Lambsdorff: Die Gefahr einer weiteren Eskalation des Konflikts ist eher gering. Zwar kam es zu gewaltsamen Protesten gegen die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem. Die Ausschreitungen waren aber nicht mit der ersten oder zweiten Intifada vergleichbar. Klar ist allerdings: der Kurswechsel der USA ist nicht hilfreich für den Friedensprozess. Denn eine Lösung für die Palästinenser würde auch Sicherheit und Stabilität für Israel bringen.

Frage: Nach der Tötung eines Anführers der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad sind Hunderte von Raketen auf Israel abgefeuert worden. Droht jetzt ein neuer Krieg?

Lambsdorff: Wir hier in Deutschland machen uns manchmal nicht klar, unter welcher ganz realen Bedrohung die Menschen in Israel leben. Der getötete Terroristenführer war für zahllose Raketenangriffe auf die israelische Zivilbevölkerung aus dem Gaza-Streifen verantwortlich. Und heute wieder musste das israelische Abwehrsystem „Eiserne Kuppel“ Raketen im Norden des Landes abfangen, die aus Syrien abgefeuert wurden. In Gaza hat sich die Lage jetzt beruhigt. Die Hamas hat sich von vornherein herausgehalten. Die Angriffe gingen nur vom Islamischen Dschihad aus, der vom Iran gesteuert wird. Allerdings haben die Raketenangriffe aus Gaza gezeigt, dass Israel sich gegen Angriffe mit so vielen Raketen gleichzeitig nicht ausreichend verteidigen kann. Erstmals seit dem Gazakrieg 2014 war auch in Tel Aviv wieder Raketenalarm zu hören.

Frage: Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes, der eine Kennzeichnung für Produkte israelischer Siedler fordert, stößt in Israel auf scharfen Protest. Ist die Entscheidung nicht diskriminierend?

Lambsdorff: Die Kennzeichnung der Waren ist rechtlich richtig, darf aber nicht dazu führen, dass Israel benachteiligt wird. Die europäische Kennzeichnungspflicht gilt ausnahmslos für alle Produkte aus allen Ländern. Handelspolitisch hat das Urteil allerdings keine Konsequenzen, da die EU Produkten aus Israel und den Palästinensergebieten die gleichen günstigen Marktzugangsbedingungen gewährt.

Immer informiert - unser Presseverteiler

Jetzt anmelden

Mit unserem Newsletter bleiben Sie informiert