Dr. Marco Buschmann
Pressemitteilung

BUSCHMANN-Gastbeitrag: Freiheit verteidigen, nicht abschaffen

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Dr. Marco Buschmann schrieb für die „Welt“ (Donnerstagsausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Rechte Gewalt ist ein Feind unserer freiheitlichen Rechtsordnung. Peter Tauber schlägt nun vor, dass das Bundesverfassungsgericht künftig Rechtsextremen nach Artikel 18 des Grundgesetzes wichtige Grundrechte wie die Meinungsfreiheit aberkennen soll. „Warum eigentlich nicht?“, fragt Tauber in dieser Zeitung. Die Antwort darauf möchte ich nicht schuldig bleiben.

Erstens: Man schützt die freiheitliche Rechtsordnung nicht, indem man Freiheitsrechte aufhebt. Die Meinungsfreiheit ist der Kern der liberalen Demokratie. Ob Bürger innerhalb oder außerhalb des Internets, Schüler und Studenten, Journalisten und politisch Aktive – ihre Meinung ist das Lebenselixier unserer Demokratie. Was Andersdenkenden den Mund verbietet, schwächt unsere Demokratie. Sie ist gerade deshalb stark, weil sie unterschiedliche Meinungen aushält, auch wenn wir sie für absurd und abwegig halten oder sie eine Zumutung darstellen. Wo rechtes Gedankengut auftaucht, sei es verbohrtes Ressentiment oder aggressive Hetze, muss man ihm mit Gegenrede und Argument entgegentreten – als Bürger, Politiker oder Verfassungsorgan. Gewiss müssen wir hier als Gesellschaft auch Selbstkritik üben. Das Wort von John Stuart Mill war lange genug einschlägig: „Sowohl Schüler als auch Lehrer schlafen nur zu leicht auf ihrem Posten ein, sobald sich kein Feind mehr blicken lässt.“ Die Feinde haben sich nun wirklich gezeigt. Es gibt keine Ausrede mehr. Wir müssen wachsam sein.

Zweitens: Unser Rechtsstaat besitzt heute schon Instrumente, die stark genug sind, um mit seinen aggressiven Feinden fertigzuwerden. Wo Rechtsextreme die Grenzen der Rechtsordnung überschreiten etwa durch verfassungsfeindliche Verunglimpfung von Verfassungsorganen (Paragraf 90b StGB), Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (Paragraf 91), Volksverhetzung (Paragraf 130 StGB), Beleidigung (Paragraf 185 StGB) oder dergleichen mehr, sind Staatsanwaltschaft und Polizei gefordert. Erst recht gilt das bei Gewaltverbrechen. Freilich geschehen überall, wo Menschen tätig sind, auch Fehler. Im Rahmen der NSU-Ermittlungen gingen die Ermittler zu lange von der „Einzeltäter“-Hypothese aus. Behördenleiter und leitende Beamte sind hier gefordert, angemessen in alle Richtungen zu ermitteln. Aber das Instrumentarium dafür ist da. Wofür die Politik sorgen sollte, ist angemessene Ausstattung der Behörden mit Sachmitteln und Personal.

Drittens: Das Verfahren nach Artikel 18 des Grundgesetzes ist für größere Fallzahlen völlig ungeeignet. Tauber spricht von 24.000 Rechtsextremisten. Angesichts dieser Zahlen ist in Erinnerung zu rufen, dass nur der Bundestag, die Bundesregierung oder eine Landesregierung antragsberechtigt sind. Die wären alleine schon mit der Prüfung, Beratung und Entscheidung über die Antragstellung quasi lahmgelegt. Ähnliches gilt für das Bundesverfassungsgericht. Das zeigen auch die bekannten Fallzahlen: Erst wenige Male ist ein Verfahren eingeleitet worden. Keines war erfolgreich.

Viertens: Ein Verfahren nach Artikel 18 des Grundgesetzes ist geeignet, rechte Märtyrer zu schaffen. Brutale Hetzer würden sich als Helden ihrer Bewegung feiern lassen. Vermutlich heißt es dann bald: geistige Festungshaft! Das Verfahren entpolitisiert die Personen nicht, die Gegenstand des Antrags sind, so wie Tauber behauptet. Im Gegenteil: Das Verfahren liefert Bühne, Gesprächsgegenstand und Narration für die eigenen Anhänger.

Wir haben rechte Hetze, und wir haben rechten Terrorismus. Umso mehr brauchen wir „klare Kante gegen rechts“ – im Bundestag, an den Stammtischen, auf den Marktplätzen, in Vereinen und mit unseren Freunden und Familien. Wir müssen für die Werte unseres Grundgesetzes kämpfen. Hierin dürfen wir auch 70 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes nicht nachlassen. Eine starke Verfassung ist eine Lebensversicherung für die liberale Demokratie. Aber die verteidigt man nicht, indem man die Grundrechte in Zweifel zieht.

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